„Kunst und Kultur als Kit der Gesellschaft“
Staatsministerin Claudia Roth spricht bei der Verleihung des Kunstpreises der Stadt Augsburg an Bernd Rummert im Glaspalast
- Jürgen K. Enninger würdigt Preisträger B. Rummert
- Rundgang in Großer Schwäbischer Kunstausstellung mit 73 Objekten
- Großes Interesse von Roth an Kunstprojekt zu Zwangsarbeit „Missing Stories“ im H2
- Der Kunstpreis der Stadt Augsburg
- Bernd Rummert zu seinem Werk „Kunstrasen“
- Die Jurybegründung
Bernd Rummert erhielt am gestrigen Sonntag den mit 2.000 Euro dotierten Kunstpreis der Stadt Augsburg. Ausgezeichnet wurde sein Werk „Kunstrasen“, das derzeit in der 73. Großen Schwäbischen Kunstausstellung zu sehen ist. Bei der Verleihung in Halle 1 – Raum für Kunst im Glaspalast durch Kulturreferent Jürgen K. Enninger war auch die neue Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth in den Glaspalast gekommen. Anlässlich ihres ersten Besuchs in ihrer Augsburger Heimat als Ministerin sprach sie zur Bedeutung von Kultur, gerade in Pandemiezeiten. Im Anschluss der Verleihung sah sie sich noch in der Kunstausstellung um, welche vom Berufsverband Bildender Künstler (BBK) organisiert wird. Danach ging es in das benachbarte H2- Zentrum für Gegenwartskunst in die Ausstellung „Missing Stories“. Dort zeigte sich die Staatsministerin und Augsburger Bundestagsabgeordnete sehr interessiert an den künstlerischen Annäherungen von zehn internationalen Kunstschaffenden an das Thema Zwangsarbeit in der Nazizeit.
Jürgen K. Enninger würdigt Preisträger Bernd Rummert
Kulturreferent Jürgen Enninger übergab den Preis in Form einer Urkunde an Bernd Rummert für sein Werk „Kunstrasen“. Es handelt sich dabei um eine Skulptur aus Bindedraht und Federringen. Diese liegt in der Ausstellung auf dem Boden und soll von den Betrachtenden nach dem Willen des Künstlers in die Hand genommen werden und in neuen Formen wieder abgelegt werden. Es ist „diese Fülle von variablen Formen“, die den Künstler interessiert. „Es ist aber auch die stille und persönliche Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen, die dieses Werk künstlerisch so auszeichnet!“ betont Enninger in seiner Würdigung des Preisträgers mit Hinweis auf die Jury-Begründung. Er dankte auch dem BBK und der Jury für die Auswahl unter allen eingereichten Arbeiten, da damit die Qualität der Ausstellung gewährleistet sei.
Roth: „Kunst und Kultur halten Gesellschaft zusammen“
„Das, was Sie als Künstlerinnen und Künstler schaffen, ist der soziale Kit. Kunst und Kultur halten die Gesellschaft zusammen. Das zu sichern, ist unser aller Verantwortung!“, so Claudia Roth bei der Verleihung des Kunstpreises. Mit Sorge sehe sie, dass Kommunen, belastet durch die Ausgaben zur Bekämpfung der Pandemie, bereits Etats zulasten der Kultur einsparen würden. „Wenn wir uns Kultur nicht mehr leisten können, kommt uns das früher oder später teuer zu stehen“, warnt sie. Und verspricht gleichzeitig: „Ich werde in meiner neuen Aufgabe parteiisch sein, nicht im parteipolitischen Sinne, sondern für die Kultur!“ Kultur brauche eine starke Lobby.
Rundgang durch 73. Große Schwäbische Kunstausstellung
Im Anschluss führte der BBK-Vorsitzende Norbert Kiening die Ministerin und den Kulturreferenten durch die 73. Schwäbische Kunstausstellung, die noch bis 9. Januar 2022 insgesamt 73 aktuelle Arbeiten schwäbischer Kunstschaffender präsentiert.
Großes Interesse an Kunstprojekt zu Zwangsarbeit
„Missing Stories. Forced Labour under Nazi Occupation. An artistic Approach.“ So lautet der Titel der international besetzten Ausstellung, welche derzeit im H2 – Zentrum für Gegenwartskunst im Glaspalast zu sehen ist. Dr. Thomas Elsen, einer der fünf internationalen Kuratoren der Ausstellung und Leiter des H2, gab Claudia Roth und Kulturreferent Jürgen K. Enninger bei einem Rundgang einen Einblick in die künstlerischen Annäherungen an das Thema Zwangsarbeit im Dritten Reich. Einige der zehn internationalen Künstlerinnen und Künstler, haben durch ihre Familiengeschichte zum Teil einen sehr persönlichen Bezug zur Thematik. Die Ausstellung ist ein länderübergreifendes künstlerisches Projekt, initiiert vom Goethe Institut Serbien und unterstützt von der Stiftung EVZ.
Der Kunstpreis der Stadt Augsburg
Preisträger 2021 ist Bernd Rummert mit „Kunstrasen“
Bernd Rummert (*1951) erhält den Kunstpreis der Stadt Augsburg, dotiert mit 2.000 Euro, für sein Werk „Kunstrasen“. Es handelt sich dabei um eine Skulptur aus Bindedraht und Federringen aus dem Jahr 2021 (2x105x65 cm/variabel).
Bernd Rummert: „Die Arbeit ist Bestandteil des Projektes „Versuch sich einmal um die Erde zu drehen“, das ich seit 1986 umsetze. Ich habe Bindedraht mit 2 mm Durchmesser in 10,5 Zentimeter lange Stücke geschnitten. An jedem Teil wurde an einem Ende eine Spirale gedreht. Die entstandenen Stücke habe ich so mit blanken Federringen verbunden, dass daraus eine netzartige Bodenarbeit wurde. Alle Produktionsvorgänge sind von mir per Hand vollzogen und beziehen auf diese Weise den Faktor Arbeit und Zeit in seiner Langsamkeit mit ein.“
Die Begründung der Kunstpreis-Jury: „Kunstrasen“ ist unspektakulär, still sowohl von der Größe, als auch vom Material. Einfacher Bindedraht, in Form gebracht. Rummerts Objekt „Kunstrasen“ ist eine Frage an uns, an unsere Zeitlichkeit, unseren Bezug zur Zeit, an unsere Art zu leben, unsere Art zu konsumieren. Der Grundschlag, also quasi die Drehung mit der Zange, sozusagen der »Beat« bestimmt Bernd Rummerts Werk. Drehung um Drehung, vergleichbar dem Knüpfen eines Teppichs entsteht in meditativer Arbeit sein Objekt. In dem lyrischen Bindedrahtobjekt, addieren sich die einzelnen Federdrähte zu Bündeln, wirken wie lockere Linienraster, die immer wieder neue, variable Zeilenrhythmen improvisieren. Rummert ermuntert den Betrachter sein Objekt zu bewegen. Durch die metallene Schwere formieren sich die Drähte zu immer neuen, dichten Bildern. Es entstehen bei näherer Betrachtung Landschaften und düstere Schlachtenbilder, dichte Wälder oder Moorlandschaften vor dem inneren Auge. Die Lichtreflexe der Anschnitte des Bindedrahts regen die Fantasie an und verhelfen dem Gebilde zu Lebendigkeit. „Kunstrasen“ ist das sichtbare Zeichen einer inneren, sehr persönlichen und stillen Auseinandersetzung des Künstlers mit existenziellen Fragen. Für die eindrucksvolle Arbeit „Kunstrasen“ mit dem konzeptionellen Ansatz, der konsequenten Umsetzung und Ausführung vergibt die Jury den Kunstpreis der Stadt Augsburg an Bernd Rummert.“
Die 73. Schwäbische Kunstausstellung läuft noch bis
9. Januar 2022 in Halle 1 – Raum für Kunst im Glaspalast.
Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr.