Staatstheater: In Bayern einmaliges Fünf-Sparten-Haus
An diesem Donnerstag, 25. Juli, hat sich der Stadtrat mit der Krise im Bausektor und deren Folgen für die Stadt Augsburg auseinandergesetzt. Die Baupreise sind horrend gestiegen. Anhand der beiden Schulprojekte FOS/BOS/RWS und Johann-Strauß-Grundschule sowie dem Staatstheater Augsburg wurde diese Entwicklung aufgezeigt. Kulturreferent Jürgen K. Enninger erklärt hier die kulturpolitische Bedeutung des Staatstheaters für unsere Stadt.
„Das Thema hat mit Blick auf das Staatstheater nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine enorme kulturelle Komponente“, betont Jürgen K. Enninger, Referent für Kultur, Welterbe und Sport. Er nennt Augsburg „eine Kulturmetropole europäischen Ranges und eine kulturhistorisch bedeutende Stadt mit einer über 2.000-jährigen Geschichte.
J.-K. Enninger: „Wir stehen auf Augenhöhe mit Bilbao und Florenz“
„Augsburg steht auf Augenhöhe mit anderen Städten ähnlicher Größenordnung in Europa wie Bilbao, Thessaloniki, Florenz, Utrecht, Córdoba und Graz. Um dem weiter Rechnung zu tragen, ist ein Staatstheater unabdingbar“, so Enninger. „Das Staatstheater ist mit seinen 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein bedeutsamer Teil eines kulturellen Ökosystems, das Wechselwirkungen zur künstlerischen Ausbildung und mit der Freien-Szene hat, das aber auch die wirtschaftliche Attraktivität eines Standorts steigert und deutlich werden lässt.“
Hohe Wertschöpfung und wichtiger Standortfaktor für die Wirtschaft
Laut einer Studie beträgt die jährliche Wertschöpfung des Theaters rund 32,8 Millionen Euro – Umwegrentabilitäten noch nicht eingerechnet. Darüber hinaus ist das Staatstheater als weicher Standortfaktor für die Ansiedelung von Fachkräften von großem Wert und für den Tourismus eine wichtige Einnahmequelle. Unter dem Aspekt kultureller Stadtentwicklung zeigt sich die imagefördernde Funktion von Kultur deutlich, was Beispiele, wie Linz, Mannheim und Nantes belegen. Bilbao etwa zeichnet ein Bild, wie Veränderungen der Deindustrialisierung hin zur Dienstleistungsgesellschaft deswegen gemeistert werden können, weil die Stadt konsequent auf kulturelle Stadtentwicklung setzt. Dieser „Bilbao-Effekt“ gilt als Vorbild für Stadtentwicklung weltweit.
Einmaliges Alleinstellungsmerkmal in Bayern
Mit der Sanierung des Großen Hauses samt Neubau der Betriebsstätten und dem Kleinen Haus als zweiter Spielstätte entsteht für die Kulturmetropole Augsburg ein modernes Fünf-Sparten-Haus, das nach seiner Fertigstellung einmalig in Bayern ist. Wie der Kulturreferent ausführt, entsteht somit „ein Alleinstellungsmerkmal, das überregional zu einer besonderen Anziehungskraft der Stadt führt.“
Vernetzung der kulturellen Szenen aller Sparten
Weiter sagt Kulturreferent Enninger: „Das Staatstheater wird der kulturelle Pulsschlag im Herzen der Stadt und ein sogenannter Dritter oder auch konsumfreier Ort. Dabei ergänzen sich die Sanierung und der Neubau des Staatstheaters, die Erhöhung der Förderung für die Freie-Szene wie auch der Welterbetitel mit ihrer kulturpolitischen Funktion einer historischen Mahnung nach mehr Nachhaltigkeit in der Stadtentwicklung.“ Durch die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung und der Vermittlungsarbeit des Staatstheaters ergeben sich zudem enge Vernetzungen mit den kulturellen Szenen aller Sparten. Hier geht es um ein entschiedenes sowohl als auch und nicht um ein entweder oder.“
Aufwertung des Theaterquartiers und der ganzen Stadt
Durch neu geschaffene Orte wie eine öffentliche Kantine, Multifunktionsbühne, Bar/Café, offener Orchesterprobensaal und eine öffentliche Theatervermittlung wie auch durch neu entstehende Plätze im Bereich der verkehrsberuhigten Kasern- und Theaterstraße und einem Kulturspielplatz vor dem Weißen Lamm erfährt das gesamte Theaterquartier und letztlich die gesamte Stadt eine bedeutende Aufwertung.
„Kultur bildet und formt ein urbanes Selbstbewusstsein“
Laut einer Studie der TU München zur Pendelbewegungen nach Corona in der Metropolregion München besteht die Gefahr, dass sich Augsburg langfristig zu einer Pendelstadt entwickeln könnte. Um diesem Prozess deutlich entgegenzuwirken, kommt der Kultur eine besondere Bedeutung zu. „Kultur stiftet Identität und Zugehörigkeitsgefühl und damit auch Resilienz gegen eine Reduktion auf eine rein raumbezogene Funktionalität. Kultur bildet und formt ein urbanes Selbstbewusstsein gerade in der engen Verbindung aus Sub-, Pop- und sogenannter Hochkultur. Denn eine vielfältige Kulturszene in der Stadt ist ohne ein funktionierendes Staatstheater nicht denkbar und eine wirtschaftlich erfolgreiche und zukunftsfähige Stadt ist ohne vielfältige Kulturszene nicht denkbar“, erklärt Kulturreferent Jürgen K. Enninger das kulturelle und kreativwirtschaftliche Ökosystem der Stadt.
Baukostensteigerung durch enorm gestiegene Baupreise
Zu den horrend gestiegenen prognostizierten Baukosten um rund 77 Mio. Euro sagt der Kulturreferent: „Was infolge der Corona-Pandemie, Lieferketten-Probleme im globalen Handel, dem Fachkräftemangel auf dem Bau und dem russischen Angriffskrieg von 2021 bis 2023 an Baukostensteigerungen entstand, war nicht vorauszusehen. Weder sind die Kostensteigerungen auf Planungsfehler noch auf Zusatzwünsche oder bauliche Entscheidungen zurückzuführen.“ Diese extremen Baupreissteigerungen seien außerdem kein Augsburger Phänomen, sondern würden Kommunen deutschlandweit betreffen.
Freistaat Bayern trägt 75 Prozent der Staatstheater-Kosten
Kulturreferent J.-K. Enninger macht deutlich, dass die begonnene Sanierung und der Neubau nun an einem Stück durchgezogen und fertiggestellt werden müssten. „Nur so können unkontrollierbare Kostenmehrungen aufgrund von Stillständen oder Verzögerungen sicher ausgeschlossen werden. Hierfür müssten nun die richtigen Schritte eingeleitet werden.
Auch erinnert der Kulturreferent daran, dass die Baukosten für das Staatstheater zu 75 Prozent vom Freistaat Bayern getragen werden. Die Stadt selbst verfüge – neben den nötigen Krediten – über Rücklagen, die es ihr ermöglichen, dieses Vorhaben zu finanzieren. „Kulturräume sind Bildungsräume. Insofern wird der Bau von Schulen weder eingestellt noch verzögert“, sagt Enninger.
Auch im Bereich der Sportinfrastruktur sei die Stadt sichtbar aktiv. Zuletzt wurden im Bauausschuss Maßnahmen in Höhe von 20 Millionen Euro beschlossen, die diese Infrastruktur zukünftig sichern sollen. „Mit dem Ersatzneubau Spickelbad wird es in Zukunft auch ein neues Hallenbad in der Innenstadt geben.“ (pm/rs)
Alle Informationen rund um die Theatersanierung auf theaterquartier-augsburg.de.
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