„Wer immer dafür zuständig ist: Schaut, dass das Tor herkommt!“
Gelungener Auftakt für die Stadtteilgespräche 2021/22 am Montagabend: Schon weit vor 18 Uhr zeigen die ersten Bürgerinnen und Bürger aus dem Augsburger Westen ihren Impf- oder Testnachweis vor und betreten erwartungsvoll die Aula der Grundschule Kriegshaber. Im Gepäck haben Sie Fragen. Viele Fragen. Und das ist gut so. Denn an den Stehtischen warten bereits Oberbürgermeisterin Eva Weber und das Team der Referentinnen und Referenten.
Kann die Ulmer Straße Tempo-30-Zone werden? Warum fährt mein Bus nicht öfters? Wie kann man das Müllproblem im Park lösen? Das sind nur drei von Dutzenden Anliegen, die in der Stunde von 18 bis 19 Uhr in persönlichen Gesprächen vorgebracht werden. Und dieses: Eine Gruppe der evangelischen Gemeinde St. Thomas möchte in Kriegshaber ein „Backhaus“ etablieren. Selbst gebackenes Brot soll verschenkt werden, so möchte die Initiative in Kontakt mit den Menschen treten. Gleich mehrere Referenten werden dazu um Unterstützung gebeten, unter anderem geht es um eine Baugenehmigung und eventuelle Stiftungsmittel zur Finanzierung.
Als die Riege der Stadtregierung dann Punkt 19 Uhr vor der Bühne Platz nimmt, sind die im Halbkreis aufgereihten Stühle gut gefüllt. Rund 120 Leute sind gekommen um mit zu diskutieren. „Aber auch wenn es Ihnen nur um irgendwas vor Ihrer Haustür geht, geben Sie uns Ihr Anliegen schriftlich mit“, lädt OB Eva Weber ein, nichts unerwähnt zu lassen.
Im Mittelpunkt der Diskussion stehen aber tatsächlich die großen Themen für die Zukunft Augsburgs. Das Publikum (online und im Saal) stimmt ab, welche drei Themen den Abend bestimmen sollen und entscheidet sich für „Klimafreundliche Stadt und Mobilitätswende“, „Öffentlicher Raum“ und „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“.
Klimafreundliche Stadt und Mobilitätswende
Eine Bürgerin fragt sich, warum an der Kriegshaberstraße ein neues Einkaufszentrum entstehen muss, obwohl der Stadtteil gut versorgt sei. Baureferent Gerd Merkle stellt klar, dass es noch keinerlei Beschluss für das Bauvorhaben gibt. „Wir sind weit davon entfernt, hier überhaupt Planungsrecht zu haben.“ Der überwiegende Teil des Vorhabens sei aber auf Stadtberger Flur, so könne die Stadt Augsburg nicht alleine entscheiden. Bevor aber irgendetwas geplant oder beschlossen werde, würden zunächst die Bürgerinnen und Bürger beteiligt.
Wann die Jungfernfahrt der Linie 5 geplant sei, möchte ein Bürger wissen. Dr. Walter Casazza (Stadtwerke Augsburg) verweist darauf, dass zunächst die Linie 3 ins Rollen komme. Wann man den Spatenstich für die Linie 5 setzen könne, sei aber noch nicht absehbar. „Da bitte ich Sie um Geduld“, so Casazza.
„Mein Sohn und ich haben jeden Morgen auf dem Weg zur Schule das Problem, dass wir mit dem Fahrrad eine Einbahnstraße gegen die Fahrtrichtung fahren müssen“, sagt ein Bürger aus Oberhausen. „Wenn wir richtig fahren würden, müssten wir einmal ums ganze Viertel.“ Er bittet, in der Salinger Straße Radfahrende auch gegen die Einbahn-Richtung zuzulassen. Baureferent Merkle will das gerne prüfen lassen.
Ein Bürger aus Pfersee stellt eine Frage an die Kriegshaberer: „Warum will man eigentlich mit der Linie 5 um den Stadtteil herumfahren?“ Er schlägt vor, die Trasse durch die Kriegshaberstraße zu führen. Ein direkter Anwohner widerspricht: „Gehen Sie doch mal morgens durch die Kriegshaberstraße – Sie werden zu Fuß schneller als der Verkehr sein!“ Auch SWA-Geschäftsführer Dr. Casazza hält die Kriegshaberstraße für „wenig geeignet“ für eine Trassenführung.
Das Klimacamp wird ebenfalls zum Thema. Was die Stadt in Sachen Klimaschutz unternehmen will, damit die Aktivisten wieder Grund hätten, das Camp aufzugeben, fragt ein Bürger sarkastisch. Umweltreferent Reiner Erben spricht die aktuell entstehende Klimastudie an, die noch in diesem Jahr im Stadtrat vorgestellt wird. Ein wichtiger Faktor seien die Gebäudesanierungen, so Erben. Aber: „Wir brauchen die entsprechenden Rahmenbedingungen von Bund und Land.“
Eine fahrradfreundlichere Verkehrsführung in der Ulmer Straße und rund um die Wertachbrücke regt ein anderer Bürger an. Er wünscht sich auch, dass bei der Linie 5 Radabstellplätze an den Haltestellen mitgedacht werden. „Die Ulmer Straße ist tatsächlich riskant für Radfahrer“, sagt Baureferent Merkle. „Ich glaube aber, dass man in der Ulmer Straße hier nicht viel verbessern kann.“ Stattdessen werde versucht, eine parallel verlaufende Fahrradstraße zu schaffen. „Bitte melden Sie uns, wenn Sie irgendwo Bedarf für Fahrradstellplätze sehen, wir prüfen das und werden sie erforderlichenfalls aufstellen.“
„Wie weit ist die Stadt Augsburg, generell Tempo 30 in der Stadt Augsburg einzuführen?“, fragt eine Bürgerin. OB Eva Weber erzählt, Augsburg habe im Sommer mit anderen Städten eine Initiative gestartet, dass Kommunen künftig nach eigenem Ermessen selbst entscheiden können, wo sie Tempo 30 wollen – und nicht nach der Straßenverkehrsordnung.
Öffentlicher Raum
„Gibt es Pläne, ob das Abraxas wieder verpachtet wird?“, fragt eine andere Bürgerin. „Ja, das Abraxas wird neu verpachtet “, bestätigt Kulturreferent Jürgen Enninger und schmunzelt. „Aber ich darf’s noch nicht sagen.“ Doch schon bald soll das Geheimnis gelüftet werden.
Schon lange ein Aufreger ist das brachliegende Linde-Grundstück beim Spectrum: Als Parkplatz für den dahinterliegenden Friedhof könne man es doch optimal nutzen, findet ein Bürger. „Ich glaube, das gäbe erhebliche Probleme mit dem Gleiskörper der Straßenbahn; und es würde garantiert zu Interessenskonflikten mit den Anwohnenden kommen“, befürchtet Baureferent Merkle. Das Areal soll aber in absehbarer Zeit in Angriff genommen werden, geplant ist eine Wohnbebauung.
Eine Verbindung zwischen dem Gaswerk- und dem BayWa-Areal wünscht sich eine Bürgerin, die dort eine Trommelschule betreibt. Zwischen beiden Kreativzentren verläuft allerdings ein Bahngleis. „Das können wir ohne die Bahn nicht lösen“, sagt Kulturreferent Enninger, der sich aber ebenfalls im wahrsten Sinn des Wortes eine Brücke zwischen den beiden Arealen wünscht.
Viele Ideen für den Reese-Park werden vorgetragen: Öffentliche Toiletten, Unterstände für die Jugendlichen, die sich gerne dort treffen. Und ein zweites Fußballtor, wo offenbar nur eines steht. „Die Nutzung des öffentlichen Raumes ist zunächst mal was Gutes“, betont Ordnugnsreferent Frank Pintsch. „Es hat sich gezeigt, dass Jugendliche auch mal einen Raum für sich brauchen, wir werden hier konsumfreie Aufenthaltsmöglichkeiten schaffen.“ Das zweite Fußballtor macht Eva Weber zur Herzenssache: „Wer auch immer dafür zuständig ist, schaut, dass das Tor herkommt.“
Eine Bürgerin aus Oberhausen wünscht sich „einen schönen Helmut-Haller-Platz“. Mit Wasserspiel und einer Erinnerung an den Bolzplatz, auf dem Augsburgs größtes Fußball-Idol nach der Schule kickte. „Ich glaube, der Platz hätte es verdient, mehr Aufenthaltsqualität zu bekommen“, sagt Baureferent Gerd Merkle. Er wünscht sich dort ein soziales Miteinander. „Und eine Wasserfläche ist auf jeden Fall drin, weil das von den Bürgern so gewünscht war.“
Gesellschaftlicher Zusammenhalt
„Wie ist es um die Stadtteilausschüsse bestellt?“, fragt eine Bürgerin. OB Weber hatte das Thema in ihrem Wahlprogramm. Corona hat das Vorhaben fürs Erste ausgebremst. „Zum Glück gibt es aber viele Formen der Bürgerbeteiligung“, betont die OB. „Zum Beispiel heute Abend.“
Dann tritt Stadtpfarrer Gerhard Groll von St. Thaddäus ans Mikrofon und fragt die Anwesenden, woher sie kommen: „Was für Kriegshaberer sind wir?“ Es stellt sich heraus, dass sehr viele Leute aus Alt- und Neu-Kriegshaber anwesend sind. Dagegen kaum jemand aus Cramerton, Reese oder Centerville. „Es ist eine intensive Herausforderung von uns allen, hier einen Zusammenhalt zu schaffen“, betont er.
„Wann wird das Nachbarschaftszentrum öffnen?“, fragt eine Bürgerin. „Zweites Quartal 2023 wird das Gebäude fertiggestellt“, kündigt Dr. Mark Dominik Hoppe, Geschäftsführer der Wohnbaugruppe, an. Klare Frage, klare Antwort.
Ein Bürger wünscht sich Tafeln in den Stadtteilen, an denen vor Wahlen die Plakate aufgehängt werden können. Da würden Bäume und Laternen verschont bleiben. „Die Plakatierungsverordnung ist ein heißes Eisen“, sagt die OB. „Darüber müsste der Stadtrat entscheiden.“
Und schon waren zwei Stunden vorbei: „Es war ein schöner Abend bei Ihnen in Kriegshaber“, verabschiedet sich die OB und bekommt zustimmenden Applaus. Das nächste Stadtteilgespräch folgt im neuen Jahr: Am 1. Februar 2022, dann im Augsburg Osten. (rs)
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