Lutherpreis „Das unerschrockene Wort“

Alle zwei Jahre vergibt der Bund der 16 Lutherstädte den mit 10.000 € dotierten Lutherpreis „Das unerschrockene Wort“. Im Bund der Lutherstädte sind 16 Orte in Deutschland zusammengeschlossen, an denen Luther gelebt oder gewirkt hat. Sie würdigen mit der Auszeichnung Personen, die Zivilcourage zeigen und sich in einer besonderen Situation, aber auch beispielhaft über einen längeren Zeitraum hinweg, mit Wort, Tat und Mut gegen Widerstände für die Gesellschaft einsetzen. 

Im Andenken an das Wirken Martin Luthers wird „Das unerschrockene Wort“ seit 1996 alle zwei Jahre in einer der Lutherstädte vergeben. Der Preis erinnert an den Mut und die Standhaftigkeit des Reformators, als dieser sich auf dem Reichstag zu Worms 1521 weigerte, seine Ansichten zu widerrufen und daraufhin geächtet wurde.

Jede der 16 Lutherstädte kann einen Kandidaten oder eine Kandidatin aus dem In- oder Ausland für den Preis nominieren. Aus diesen ermittelt die Jury – bestehend aus den Vertreterinnen und Vertretern der Städte und weiteren Personen des öffentlichen Lebens – die gemeinsame Preisträgerin bzw. den Preisträger.

Zum Bund der Lutherstädte gehören Marburg, Augsburg, Coburg, Eisenach, Eisleben, Erfurt, Halle (Saale), Heidelberg, Magdeburg, Nordhausen, Schmalkalden, Speyer, Torgau, Wittenberg, Worms und Zeitz.

 

Der Preis 2021 geht an Weronika Zepkalo, Swetlana Tichanowskaja und Maria Kolesnikowa

Die Entscheidung für die drei weißrussischen Freiheitsaktivistinnen fiel bei einer coronabedingt online durchgeführten Jurykonferenz der 16 Mitgliedstädte am 7. November dieses Jahres.

In den Wochen vor den Präsidentschaftswahlen in Belarus formierte sich eine landesweite Opposition, die von drei Frauen angeführt wird: Weronika Zepkalo, Swetlana Tichanowskaja und Maria Kolesnikowa entfachten eine Protestwelle gegen den amtierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko und den von ihm geschaffenen Unrechtsstaat. Inzwischen musste Zepkalo nach Polen fliehen, Tichanowskaja befindet sich im Exil in Litauen, Kolesnikowa wurde inhaftiert. Die Proteste halten nach wie vor an und immer wieder sind es Frauen, die mutig ihre Stimme für Menschenrechte, freie Meinungsäußerung und freie Wahlen erheben. „Diese drei Frauen stehen stellvertretend für tausende von friedlich demonstrierenden Menschen, die derzeit für politische Veränderungen in Weißrussland kämpfen.

Sie stehen für eine friedliche Revolution, für Neuwahlen und für eine demokratische Zukunft ihres Landes. Wie die Nachrichten zeigen, riskieren sie dafür Verfolgung, Haft, Folter und Abschiebung. Auch wenn die drei Frauen in Detailfragen zur Zukunft von Belarus nicht immer die gleichen Positionen vertreten, stehen sie untrennbar zusammen, denn die letztendlichen Entscheidungen für eine Zeit nach der Herrschaft von Alexander Lukaschenko soll nach demokratischen Wahlen das Volk treffen“, so die Jury in ihrer Begründung. Mit dem Preis „Das unerschrockene Wort“ honorieren die Lutherstädte die Entschlossenheit, das mutige Auftreten und den friedlichen Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung.

Weißrussland strebt nach Veränderungen

Preisträgerin Svetlana Tichanowskaja: „Es ist mir eine große Ehre, zusammen mit meinen liebsten Freundinnen Maria Kolesnikowa und Weronika Zepkalo den Lutherpreis „Das Unerschrockene Wort“ zu erhalten. Ich betrachte diesen Preis als eine Leistung des gesamten belarussischen Volkes, das seit mehr als 100 Tagen friedlich für Demokratie und Bürgerrechte kämpft, trotz des unnachgiebigen Terrors der autoritären Regierung. So wie deutsche Städte in der Vergangenheit ein Umfeld pflegten, das dem bürgerlichen Fortschritt und der intellektuellen Leistung förderlich war, dienen große Städte in Belarus als Motoren für das Streben Weißrusslands nach Veränderung.“

Hochdotiertes Lob für Einsatz gegen Rassismus und Unterdrückung

Der Wormser Oberbürgermeister Adolf Kessel: „Der Preis der Lutherstädte würdigt die zentrale Bedeutung des freien Wortes, das der Wahrheit verpflichtet ist und für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen steht. Ob Engagement gegen Rechtsextremismus, Rassismus, politische oder gesellschaftliche Unterdrückung – die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger haben auf unterschiedliche Weise Mut bewiesen und sich so die Auszeichnung „Das unerschrockene Wort“ verdient. Es ist mir eine besondere Freude, dass der 13. Preis anlässlich des Jubiläums „500 Jahre Wormser Reichstag“ im kommenden Jahr 2021 in unserer Stadt an Weronika Zepkalo, Swetlana Tichanowskaja und Maria Kolesnikowa verliehen wird, die heute so standhaft sind wie damals Martin Luther vor Kaiser und Reich.“  

Unerschrockene Preisträgerinnen

Eva Weber, Augsburger Oberbürgermeisterin: „Martin Luther war zwei Mal in seinem Leben in Augsburg und hat hier auch den Widerruf seiner Thesen gegenüber dem Kardinal der Römischen Kurie verweigert. Dazu gehörte in der damaligen Zeit eine gehörige Portion Mut und Unerschrockenheit. Weronika Zepkalo, Swetlana Tichanowskaja und Maria Kolesnikowa stehen dem in nichts nach. Ich bewundere das Engagement dieser wahrlich unerschrockenen Frauen für ihre Heimat Weißrussland und freue mich darüber, dass ihnen der Preis „Das unerschrockene Wort“ des Bunds der Lutherstädte kommendes Jahr verliehen wird.“

Das sind die Preisträgerinnen und Preisträger seit 1996

2021: Weißrussischen Freiheitsaktivistinnen Weronika Zepkalo, Swetlana Tichanowskaja und Maria Kolesnikowa

2019: Rechtsanwältin, Frauenrechtlerin und Moscheegründerin Seyran Ateş

2017: Horst und Birgit Lohmeyer sowie Markus und Susanna Nierth

2015: Journalist und Menschenrechtsaktivist Mazen Darwish aus Syrien

2013: Regensburger Initiative "Keine Bedienung für Nazis"

2011: Journalist Dmitrij Muratow aus Russland und das Redaktionsteam der russischen Tageszeitung "Nowaja Gaseta"

2009: Journalistin und Politologin Andrea Röpke

2007: Emely Abidin-Algan

2005: Schriftsteller und Sänger Stefan Krawczyk

2003: Superintendantin des österreichischen Burgenlandes, Gertraut Knoll

2001: Polizeipräsidentin von Eberswalde, Uta Leichsenring.

1999: Theologen Hans Küng für die Standhaftigkeit bei der Vertretung seiner Thesen zur katholischen Glaubenslehre.

1996: Theologe Richard Schröder