
5 Fragen an … Joachim Schnürer
Zum verabredeten Interviewzeitpunkt treffe ich Joachim Schnürer im Flur des Verwaltungsgebäudes des Amtes für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen (AGNF). Das Gebäude befindet sich mitten auf dem Gelände des Botanischen Gartens. Gut gelaunt kommt er auf mich zu, kräftiger Händedruck, und führt mich in sein Büro. Bevor wir mit dem Interview beginnen, erzählt er erstmal von seinem 40-jährigen Dienstjubiläum bei der Stadtverwaltung im letzten Monat, seiner jetzigen Stelle als Leiter des Zentralen Fachbereichs und Stellvertretender Amtsleiter im AGNF und dem Vogel, der in seinem Fensterrahmen wohnt (ja, so ist das, wenn man mitten im Botanischen Garten arbeitet). Dann machen wir noch eine Tour durch den Gang, Kolleginnen und Kollegen werden vorgestellt. Schnell ist klar: Joachim Schnürer ist mit Freude bei der Arbeit: „Immerhin haben wir hier 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich auf sieben Fachbereiche verteilen mit ganz unterschiedlichen Berufsgruppen - von Gärtnern über Meister, Techniker, verwaltende Angestellte bis hin zu Ingenieuren. Diese Vielfalt hat man sonst nirgendwo – und deshalb bin ich auch schon so lange in diesem Amt!“ Und wie sieht das aus mit der Digitalisierung? „Natürlich sind wir hier digital, aber alles mit Verstand dahinter.“ Und schon sind wir beim Thema. Ein Gespräch über die Verantwortung der Führungskräfte im Digitalisierungsprozess, das richtige Timing für Visionen und Gärtner mit Laptops.

1. Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag mit der Digitalisierung verändert?
Es hat sich einiges verändert. Ich bin Jahrgang 60, aufgewachsen mit einer mechanischen Olympia-Schreibmaschine. Dann gab es irgendwann die ersten elektrischen Schreibmaschinen, und so hat sich die Technik weiterentwickelt bis zur EDV der heutigen Zeit. Durch diese ist vieles leichter – nehmen wir den allgemeinen Schriftverkehr, beispielsweise die Stadtratsbeschlüsse. Die mussten damals im Original gefertigt werden. Wenn man sich auf der Schreibmaschine vertippt hat, musste die ganze Seite noch mal neu geschrieben werden. Heute ist das ein Anschlag auf die Delete-Taste. Das spart natürlich sehr viel Zeit. Auf die einzelnen Fachbereiche geblickt hat sich auch einiges verändert. Zum Beispiel in den zwei großen Bereichen, der Finanzwirtschaft und der Personalwirtschaft: Die Bewerbungen laufen inzwischen online über das Bewerberportal, ab dem 1.12. gibt es die Einführung des neuen elektronischen Anordnungswesens im Haushalt des Kämmerei- und Steueramts, und das Personalamt führt gerade das elektronische Zulagenwesen ein – und damit habe ich nur einen kleinen Teil der jüngsten Einführungen genannt.
2. Wo sehen Sie im Digitalisierungsprozess Ihre Verantwortung als Führungskraft?
Letztendlich ist es ja so: Die Digitalisierung ist kein Wunschkonzert. Sie passiert. Die Herausforderung für mich als Führungskraft ist es einerseits die richtige Frau oder den richtigen Mann am richtigen Arbeitsplatz zu haben. Das heißt also für mich als Leiter, die Qualifikationen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sehen und an die richtige Position zu bringen. Wenn einer partout nichts mit EDV zu tun haben will, dann setzte ich ihn nicht acht Stunden am Tag vor einen Computer. Der Mensch muss mit seiner Aufgabe im Einklang sein.
Eine weitere Verantwortung der Führungskräfte in unserem Amt ist es, den richtigen Schnittpunkt zu finden, an dem man sagt: „Hier macht Digitalisierung keinen Sinn mehr“. Wir haben im gewerblichen Außendienst 240 Arbeiterinnen und Arbeiter – Kfz-Mechaniker, Fahrer, Grabmacher, Gärtner. Müssen wir jetzt die Gärtner mit Laptops unterm Arm losschicken, nur, weil es möglich ist? Das ist natürlich zugespitzt und Unsinn, aber was ich sagen möchte: Wir müssen generell Zugänge zur digitalen Arbeitswelt für alle gewährleisten, aber die Digitalisierung nicht auf Teufel komm raus auf alle Arbeitsbereiche ausweiten.
Zudem versuche ich für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Balance zwischen Technik und Mensch zu halten. Das heißt, die Technik einzuführen und bei diesem Prozess die Menschen mitzunehmen. Jede Einführung bedeutet erst mal eine Umstellung, und natürlich ist alles schwer, bevor es leicht wird. Wenn ich als Führungskraft da nicht bedacht vorgehe, bleiben die Mitarbeiter auf der Strecke.
3. Was fehlt Ihnen an digitalen Hilfsmitteln noch?
In einem gewerblichen Amt wie dem unsrigen betrifft die Digitalisierung ganz unterschiedliche Bereiche: Neben Verwaltungs-, Finanz-, Bußgelder-, Vergabewesen auch Botanischer Garten, Planung, Grünflächenpflege, Friedhofswesen und Bestattungsdienst –alle mit unterschiedlichen Facetten. Wenn wir den digitalen Weg der Stadt Augsburg weitergehen, dann stehen wir am Ende an einem Ort mit modernen Arbeitsbedingungen. Damit sind wir sicher die nächsten 12 Monate genug beschäftigt. Und wahrscheinlich bin ich da zu sehr Pragmatiker und kann grade noch gar nicht sagen, was noch fehlt. Stellen Sie mir die Frage doch in anderthalb Jahren noch mal. Wenn die aktuellen Projekte abgeschlossen sind, ist wieder Zeit für Visionen.
4. Was erledigen Sie lieber analog?
Ich bin ein großer Verfechter des persönlichen Gesprächs. Meine Tür steht meistens offen, und ich bevorzuge oft ein Telefonat gegenüber einem Austausch per Email. Die Digitalisierung verleitet einfach auch zur Bequemlichkeit. Das ist meines Erachtens ein Problem. Dem müssen wir entgegenwirken, indem wir die persönliche Gesprächskultur als Führungskräfte mittragen und vorleben. Und das gehört in den Leitlinien eines Unternehmens verankert.
5. An wen würden Sie den Staffelstab dieser Interviewreihe gerne weitergeben?
Ich würde hier gerne mal jemanden aus dem Bereich Altenhilfe sehen, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen haben als wir.