Das Augsburger Hohe Friedensfest

„ein sehr herrliches Danck-, Frid- und Frewdenfest“


Das erste Hohe Friedensfest feierten die Augsburger Protestanten vom 8. bis 15. August 1650 mit Pauken, Trompeten und Salutschüssen. Seitdem fand es, abgesehen von den Kriegsjahren 1942 und 1944, in jedem Jahr statt. Zelebriert wurde die volle Wiedererlangung der Religionsfreiheit der Evangelischen durch die Beschlüsse des Westfälischen Friedens 1648. Der achte August war bewusst gewählt: mit der Umsetzung des Restitutionsedikts am 8.8.1629 wurde den Protestanten fast alles genommen, was sie bisher erreicht hatten. Sie verloren ihre städtischen Ämter, ihre Prediger mussten die Stadt verlassen und die evangelischen Kirchen wurden geschlossen. Man erinnerte sich also der „dunkelsten Stunde“ des Protestantismus in Augsburg und transformierte sie in ein Dankesfest. Von Beginn an war es Brauch, mit Kupferstichen illustrierte Friedensgebete an die Kinder zu verteilen. „Friedensgemälde“ nannte man die Stiche. 1789 brach die Tradition ab – sie passten mit ihrem Aufwand und Formenreichtum wohl nicht mehr in die Zeit. 

Im Laufe der Zeit ließ die protestantische Konnotation nach. Auf die Integration Augsburgs in das bayerische Königreich 1806 und den Erlass des Bayerischen Religionsedikts von 1818 folgte die Umfirmierung in ein „Toleranz- und Friedensfest“. Der Geist der Aufklärung hatte Einzug gehalten. Auch im weiteren Verlauf des 19. und im frühen 20. Jahrhundert wurden die religiösen Hochfeste der jeweils anderen Konfession respektiert und an diesen Tagen gegenseitig Arbeitsruhe gewahrt.

1934 erließen die nationalsozialistischen Machthaber ein Gesetz zur reichsweiten Vereinheitlichung der Feiertage. Dieser Regelung fielen die regional je nach konfessioneller Mehrheit gehaltenen Feiertage zum Opfer, so auch das Hohe Friedensfest. Bereits 1945 konnte jedoch mit Unterstützung der US-Militärregierung das Friedensfest in Augsburg wieder aufleben, zunächst noch als kirchlicher Feiertag.

Mit dem „Gesetz zum Schutz der Sonn- und Feiertage vom 15. Dezember 1949“ bestätigte der Bayerische Landtag den Augsburger Friedenstag als gesetzlichen Feiertag. Das Gesetz wurde genau zum rechten Zeitpunkt erlassen, um die üppig geplanten Feierlichkeiten zum dreihundertjährigen Bestehen des Festes im Jahr darauf auf solide Füße zu stellen. 

Im Dezember 2018 wurde der Friedenstag in das bundesweite „Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes“ aufgenommen. Das Selbstverständnis Augsburgs als Friedensstadt, dessen Wurzel der Augsburger Religionsfrieden von 1555 bildet, wurde seit dem Zweiten Weltkrieg immer mehr ausgeformt und stellt heute einen zentralen Faktor in der Wahrnehmung der Stadt dar.  

Heute begehen wir das Friedensfest unter diversen Aspekten, die ein friedliches und freundliches Miteinander der Menschen beeinflussen. Es ist überkonfessionell und interreligiös ausgerichtet – Toleranz, Interkultur und Vielfalt sind die Stichworte, von denen es geprägt ist. Veranstaltungen wie die Friedenstafel und das Kinderfriedensfest, aber auch zahlreiche Workshops, Kunstaktionen und natürlich Gottesdienste ziehen eine Vielzahl von Besuchern an. Die Friedensgemälde schließlich sind als „Murale“ wiedergeboren, Wandbilder, die Gebäude im öffentlichen Raum zieren und sich – wie von alters her – thematisch aktuellen Themen widmen.