Bürgerliche Gesellschaft und Kirche in Augsburg im Spätmittelalter
Band 19
Rolf Kießling
Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche sind in unserer Gegenwart für nahezu alle Bürger so aktuell wie in der jahrtausendealten Vergangenheit menschlicher Gemeinschaften. Durch viele Epochen, in einzelnen Fällen bis in unsere Tage, bildeten Staat und Kirche eine Einheit. Herrscher wurden wie Götter verehrt und standen gleichzeitig an der Spitze von Religionsgemeinschaften. Umgekehrt waren kirchliche Würdenträger wie der Papst, seine Erz-bischöfe, Bischöfe und einzelne Äbte bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gleichzeitig Träger staatlicher Macht. Zu den 23 geistlichen Fürstentümern gehörte auch das Bistum Augsburg. Wie viele andere Hauptstädte geistlicher Territorien konnte sich auch die Stadt Augsburg im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts mit Hilfe der Kaiser und Könige aus der Herrschaft ihres geistlichen Stadtherrn lösen und zur freien Reichsstadt entwickeln. Die Voraussetzung dafür war die seit Canossa entstandene Kluft zwischen Kaisern und Päpsten. Kaufmännische Erfolge zu Reichtum gelangter Bürger, eine höhere Bildung und ein gesteigertes Selbstbewußtsein ebneten dazu die Wege. Trotz dieser Lostrennung verblieben die geistlichen Herren als Inhaber ihrer Fürstbistümer in diesen Reichsstädten. Welt- und Ordensgeistliche, vor allem die Bettelmönche wetteiferten in der religiösen Erziehung der Bürger, deren Reichtum auch ihnen und ihrer Kirche zugute kam. Die Teilnahme an der Verwaltung der Kirchenstiftungen, der Wunsch nach kirchlichen Reformen, die reichen Lebenserfahrungen der großen Kaufleute, von denen hier nur symbolisch die Fugger und Welser genannt seien, und eine wachsende innere Anteilnahme an allen religiösen Fragen ließen das Streben nach Mitverwaltung entstehen.
erschienen 1971
Preis: 14,80 €