Rückschau
Engelhaftes von Frühbarock bis a capella-Pop. Lange Kunstnacht am 24. Juni in der Heilig-Geist-Kapelle
Außengastronomie, Lange Kunstnacht, Freilichtbühne – es ist viel geboten an diesem Midsomar-Samstag 2023 in der Augsburger Innenstadt.
Auch in der Spitalgasse zwischen den Wassertürmen am Roten Tor, entlang der Puppenkiste, bis zu St. Margareth, tobt das Leben.Währenddessen wartet in der Heilig-Geist-Kapelle ein Engel still auf seinen Auftritt.Hölzern ist er und niemand weiß genau, wie lange er schon in dem von Elias Holl 1623-31 mit dem komple tten Hospitalstift geplanten Sakralraum unter der Decke schwebt. Er mag den Wechsel vom katholischen zum protestantischen Gotteshaus 1648 erlebt haben, 1805 im Zuge der Säkularisation die Verkleinerung der Kapelle, um mehr Platz für Krankensäle zu schaffen, unzählige Schulgottesdienste, Taufen, Hochzeiten… aber dass ihm ein ganzer Abend gewidmet wird, ist neu. Passt allerdings hervorragend zum Motto der Kunstnacht #hochhinaus, das 450 Jahren Stadtbaumeister (und Kapellen-Architekt) Elias Holl feiert.
Unmenschlich neutraler Star des Abends
Darüber freut sich auch die Stiftungsverwaltung der Stadt Augsburg, unter deren 49 eigenständigen Stiftungen mit vielen besonderen, historischen Gebäuden sich auch Holls Hospitalstift befindet. Als die Blockflötistin Sophia Rieth dessen Kapelle erstmals betrat, um sich ein Programm mit dem „ensemble Kassiopeia“ für die Lange Kunstnacht zu überlegen, zog der Engel sie in seinen Bann:
„Ich kam in die Kapelle, überrascht ob ihres quadratischen Grundrisses, der alles auf die Mitte des Raumes fokussierte. Da entdeckte ich ihn und es war klar, dass er der Star des Abends sein würde: ein freundlich-gütiger und zugleich unmenschlich neutral blickender Engel, der seine Kapelle behütet. Wir Menschen interpretieren ja allerhand kitschige Facetten und Eigenschaften in diese Wesen hinein. Was aber könnte sich ‚wirklich‘ hinter eines Engels Fassade abspielen, der immer in der Schwebe bleibt?“
Musikalisch durch Himmel und Hölle
Und so blickt der Schwebende an diesem 24. Juni herab auf die Gäste, die den Trubel der Gassen mit den stillen, warmen Abendsonne-Strahlen in der Heilig-Geist-Kapelle tauschen, und auf das „ensemble Kassiopeia“. Neben Rieth an der „flauti dolci“ sind das Felicia Graf (Violine), Theresa Steinbach (Sopran), Markus Guth (Klavier und Orgel) sowie Julian Diepolder (Sprechkunst). „Sinnkrise eines Engels“ haben sie ihr Programm getauft und schicken ihn musikalisch und rezitierend durch Himmel und Hölle, von Girolamo Frescobaldi über Rainer Maria Rielke bis zu den Wise Guys.
Er darf frühbarocken Charme versprühen, muss sich in der literarischen Moderne als „schrecklich“ bedichten lassen und mit Astor Piazzolla 1965 in dessen Engelliedern erst Tango tanzen dann gar sterben, bevor „ensemble Kassiopeia“ ihn als alltäglichen aber schwer zu entdeckenden Schutzengel im a capella-Pop der Wise Guys wieder auferstehen lassen.
Langer Applaus in Langer Kunstnacht
Alle fünf Künstler sind fokussiert und präsent im physischen Raum der Kirche mit ihrer Engel-Skulptur – und offen changierend im assoziativen Raum des Engel-Themas, den sie mit ihren Stimmen, Instrumenten und Blicken eröffnen. So ist schon das einfach Anzünden einer Kerze durch Felicia Graf ein erster, suggestiver Programmpunkt. Ab da sind die gut 25 Besucher mit allen Sinnen und dem, was an Übersinnlichem im Raum liegt, dabei und belohnen das außergewöhnliche Programm am Ende mit langem Applaus.
Auch die Wiederholung von „Sinnkrise eines Engels“ um 23 Uhr im Kerzenlicht verfolgen knapp 30 Zuschauerinnen und Zuschauer. Und nun schien der Hölzerne am Ende einer erfolgreichen Langen Kunstnacht fast ein bisschen zu schmunzeln und der Idee der Wise Guys zu entsprechen: „Ein Engel, der dir immer nah ist / Der für dich da ist, wenn du in Gefahr bist.“
Lesung am 23. Mai. 2023: 17 Kinder und ein Mann, der nicht soff.
Die 89-jährige Marianne Schuber stellte im Richard-Wachter-Haus ihr Buch über Oberhauser Frauenschicksale vor.
Stiftungsverwaltung und Stadtbücherei kooperieren für Seniorinnen und Senioren im Betreuten Wohnen.
„Das Leben ist schön – von einfach war nie die Rede“ – der Titel von Marianne Schubers Buch über Oberhauser Frauenschicksale lässt viele im Publikum zustimmend nicken, wenn die 89-jährige Autorin von Therese Neigl, Emilie Fromm oder Schwester M. Corona Erna Lehner erzählt: Lauter Frauen, die zwischen 1843 und heute in Augsburgs Arbeiterquartier-Stadtteil leb(t)en und deren Geschichten Schuber mit ihrer 2022 erschienenen Publikation bekannt machte. Die Autorin lebt selbst in Oberhausen, arbeitete als Lehrerin und promovierte in Geschichte.
Auch nicht immer einfach aber dank guter Betreuung oft schön ist das Leben der Seniorinnen und Senioren im Richard-Wachter-Haus. Veronika Breitsameter, für das betreute Seniorenwohnen zuständige Sozialarbeiterin des Amts für Finanzen und Stiftungen der Stadt Augsburg, kümmert sich u.a. um kleine aber feine Kultur-Events. Und ein Event ist alleine schon der Auftritt der hochbetagten Autorin Schuber: Vital wie ein Jungstar der Literaturszene betritt sie den Raum etwas später als angekündigt, füllt diesen sofort mit ihrer Aura und sorgt mit einem Bonmot darüber, wie ihre Begleiterin sie noch mit Lockenwicklern im Haar vorfand, da sie am Vorabend auf der Vorstandssitzung der von ihr mitgegründeten Realschule für Sehbehinderte in Oberschließheim war und den Termin im Wachter-Haus fast vergessen hätte, für Lacher und Sympathie.
Geschichten vom Aufstehen und Zusammenhalten
Zu Lachen hatten die Frauen, deren Geschichten Schuber in Gesprächen mit Familienmitgliedern, Nachkommen und Nachbarn gesammelt sowie die Hintergründe im Stadtarchiv recherchiert hat, häufig nicht. Therese Neigl etwa, 1881 geboren, die 17 Kinder bekam, von denen drei das Kleinkindalter nicht überlebten. Sieben Mädchen und sieben Buben konnte sie großziehen, unterstützt von ihrem Mann, der „das Geld aus der Fabrik nicht versoff, sondern nach Hause brachte“ – offenbar keine Selbstverständlichkeit im rasant wachsenden Arbeiterviertel. Therese sorgte dafür, dass alle sieben Jungs nicht in die Fabrik mussten, sondern eine Lehre machen konnten. Nur um vier ihrer Söhne dann im Krieg zu verlieren, einen unter absurd-tragischen Umständen wie in einem Camus-Roman: am Konfirmationstag des Enkels mit einem Großteil seiner eigenen Familie – während Heimaturlaubs von der Front.
Schubers Geschichten erzählen vom Durchhalten, immer wieder Aufstehen und vom Zusammenhalt untereinander: Von der Jüdin Emilie Fromm bekam Neigl etwa günstige Stoffreste in deren Ladengeschäft, um für die Kinder zu nähen. Lange wähnte auch Fromm sich gut aufgehoben und sicher in der Oberhauser Gesellschaft, sie und ihr Mann hatten „schließlich nie jemandem etwas getan“ – bis die Gräuel der Nazis auch in Oberhausen zu nah kamen und das Ehepaar Fromm 1941 zum längst ausgewanderten Sohn in die USA emigrierte.
So, wie gut 50 Jahre später Marica Babić vor den Schrecken des Balkankriegs floh – und in Oberhausen landete. Ihre Biografie ist die jüngste in „Das Leben ist schön“. Schubert erzählt sie mit großem Respekt vor den Frauen und viel Nähe zum Publikum: Nicht einmal schaut sie während der Veranstaltung in ihr Buch, noch nutzt sie die vorbereitete Sitzgelegenheit, sondern rückt den bewegt Lauschenden stetig näher.
Leseliebe und Lieblingsarbeit
Weil aber nicht nur das Leben sondern auch das Lesen schön ist und im #teamaugsburg gerne kooperiert wird, um auch älteren Bürgerinnen und Bürgern etwas zu bieten, war Laura Coccaro von der Stadtbücherei mit im Boot: Schubers Lesung fand im Rahmen des „Mobilen Bücherdienstes“ statt. Einmal in Monat besucht Coccaro die städtischen Pflegeeinrichtungen und bringt große Kisten voller Lesestoff zum Ausleihen mit. Das wird gut genutzt „viel anspruchsvolle Literatur und aktuelle Neuerscheinungen, aber auch Sachbücher, v.a. aus den Bereichen Soziologie oder digitale Entwicklung.“ Auch diesmal gibt Coccaro bestellte Wunschtitel aus, nimmt Ausgelesenes zurück und unterhält sich z.B. darüber, warum „Zwischen Welten“ von Juli Zeh/Simon Urban eher Leseliebe auf den zweiten Blick ist. Die Zeit, während der Schuber zu Hause noch Lockenwickler ausdreht, wird von den Bücherwürmern im Wacher-Haus gut genutzt und Coccaro schwärmt: „Ich kann mir keine schönere Arbeit vorstellen.“
Margarethe Müller lebt seit 15 Jahren hier und liest noch genauso gerne wie als Kind, „damals viel unter der Bettdecke. Auch meinen Kindern und Enkeln hab ich immer vorgelesen und freue mich, dass die Enkel als Teenager Bücher noch gerne mögen.“ Auch Rose und Friedrich Geserig, seit drei Jahren Wachter-Haus-Bewohner, sind Bücher-Fans – und nun auch Fans von Marianne Schuber: „Es war großartig, vor allem so authentisch und lebhaft vermittelt.“
Oberhausen als Mikrokosmos
Das kann Marianne Schuber: Anekdoten ausschmücken (wie die von einem Apfelbutzen im hungrigen Tausch gegen eine Mutprobe im Klassenzimmer) oder Sätzen wie „Therese gebar 17 Kinder.“ erstmal für sich stehen lassen. Große historische Zusammenhänge mühelos herstellen oder im Mikrokosmos Oberhausens auf die individuelle Lebensleistung einer Frau fokussieren. Und dabei ihre eigene und das, was ihr am Herzen liegt, auch dem Publikum näher bringen: Außer einem Stapelchen frischem Lesestoff unterm Arm nahmen alle Verständnis für die schwierige Bildungssituation von Sehbehinderten mit sowie die Neugier, auf Biografien in der Familie oder Nachbarschaft und vielleicht auch die eigene einen aufmerksamen Blick zu werfen.
Coccaro sprach beim Applaus allen aus dem Herzen: „Mir scheint, liebe Frau Schuber, ihre eigene Geschichte gehört eigentlich auch in dieses Buch mit besonderen Oberhauser Frauenleben!“
Aktuell arbeitet die Autorin allerdings an einem neuen Werk – mit Oberhauser Männer-Biografien. „Ich hoffe, Sie sind noch alle da, wenn ich damit wiederkomme!“, scherzte sie. „Und ich bin dann auch da.“ Das Leben ist schließlich schön, in Oberhausen und im Richard-Wachter-Haus …
Frühlingskonzert der Stiftungsverwaltung
Hochkarätiges von Bach bis Beatles am 11. Mai 2023
Stiftungsverwaltung der Stadt Augsburg lud Seniorinnen und Senioren zu Frühlingskonzert mit Yehudi Menuhin-Stipendiaten ein.
Wer sich aktuell z.B. im Krankenhaus, Gefängnis oder Betreuten Seniorenwohnen befindet, kann nicht so einfach Konzertsäle besuchen – obwohl gerade denjenigen, die durch Krankheit, Fehlverhalten und besonders auch Alter eingeschränkt sind, die Energie eines Schubert-„Ave Maria“ oder eines Joplin-„Entertainers“ besonders wohltäte. „Musik bringt den Menschen die größte Freude in allen Lebenslagen“, umschreibt Mieke Stoel den Leitgedanken, auf den der weltberühmte Geiger Yehudi Menuhin 1977 die Organisation „Live Music Now“ aufbaute: Ziel ist es, tönende Glücksmomente gerade jenen Menschen zu bringen, die sie sich eben nicht selbst in den üblichen Musentempeln abholen können.
So geht es auch manchen Seniorinnen und Senioren in Liegenschaften mit Betreutem Wohnen, die vom Amt für Finanzen und Stiftungen der Stadt Augsburg verwaltet werden. Veronika Breitsameter, als Sozialarbeiterin der Stiftungsverwaltung zuständig für die Mieter in den Senioreneinrichtungen, hält daher immer die Augen offen, wie sie Unterhaltung und Freude zu den älteren Menschen bringen kann. Jüngst hat sie zusammen mit der zitierten Mieke Stoel ein Frühlingskonzert mit Live Music Now-Stipendiaten organisiert. Stoel fungiert als künstlerische Betreuung im Augsburger Ableger von Live Music Now e.V.
Glücksfall für älteres Publikum
Zweite Idee Lord Menuhins für LMN war es nämlich, junge Talente Auftrittserfahrungen sammeln zu lassen. Das taten am 11. Mai im Richard-Wachter-Haus vor über 30 Seniorinnen und Senioren die Geigerin Madina Adamova und der Pianist Seokho Lee. Die junge Frau aus Kasachstan und der Südkoreaner hatten sich vor sechs Jahren am Leopold Mozart-Zentrum und als LMN-Stipendiaten getroffen. Ihre musikalische und persönliche Wellenlänge passt, sodass sie ein riesiges Repertoire – „Wir könnten vier Stunden lang spielen“ – gemeinsam erarbeitet haben und im Wachter-Haus einen Querschnitt von Bach bis Beatles darboten.
Den kündigte Mieke Stoel zurecht als „hochkarätig“ an. Die beiden jungen Talente lassen einander viel Raum für den abwechselnd dominanten Klavier- oder Violinen-Part, um dann leichthändig aber punktgenau wieder zusammenzufinden. Buchstäblich perfekt eingespielt kombinieren sie hohes instrumentales Niveau mit spürbarer Spielfreude und Charme auch bei der Moderation des Programms – was gerade vor älterem Publikum ein Glücksfall ist. „Also die hat ja eine Stimme!“, schwärmte eine Besucherin, die seit sieben Jahren im Richard-Wachter-Haus lebt und Veranstaltungen im Gemeinschaftsraum gerne wahrnimmt, auch von Adamovas vokalen Qualitäten. „Und die Ansagen so schön ausgeschmückt. Mir hat das ganze Programm gut gefallen und ich kannte einige der Stücke, weil ich selbst Klavier gelernt habe und noch spiele. Seit meinem Umzug ins Wachter-Haus auf einem kleineren elektronischen Instrument.“
Satte Geige und virtuos pläsierliches Klavier
Auch Swantje Günther, die „mit Musik aufgewachsen“ und, seit fünf Jahren im Wachter-Haus lebend, noch mobil genug ist, Konzerte in München oder am Chiemsee zu besuchen, freute sich: „Das war wirklich ein Highlight unseres Jahresprogramms hier. Die Musik hochklassig und die Moderation so erfrischend, dass auch Menschen, die nicht mehr lange am Stück zuhören können, aufmerksam blieben. Manche meiner Mitbewohner würden ja gerne mal mit mir auf ein Sommerkonzert außerhalb gehen, aber trauen sich den Heimweg spätabends nicht mehr zu. Für die ist es besonders schön, wenn Frau Breitsameter so etwas ins Haus holt.“
Das breitgefächerte Programm bot für jeden etwas: Mozarts Violinsonate No. 18 KV 301 nebst Erklärung, weshalb diese unüblicherweise nur aus zwei Sätzen besteht; die in „Can you feel the love tonight“ vertonte Liebesgeschichte zwischen Simba und Nala aus „König der Löwen“ oder „O Sole mio“ zum Mitschmettern – Adamova / Lee spielen Klassik wie seltene Weltklasse-Popsongs und holen selbst „Yesterday“ aus der inflationären Beatles-Ausgelutschtheit. Emotionalität ohne Kitsch, eine satte Geige und virtuos pläsierliches Klavier – dafür am Ende viel Applaus von einem Publikum in Frühlingswonne.
Pilger, Pest und Programmhighlights am 5. und 6. Mai 2023
Augsburg Open-Führungen machten die Geschichte und aktuelle Nutzung des Jakobsstifts erlebbar
Hape Kerkeling hat es 2001 getan, der Augsburger Patrizier Sebastian Ilsung 1446 und Teilnehmende von Augsburg Open am 5. und 6. Mai 2023: Pilgern auf dem Jakobsweg. Die Augsburg Open-Besucher „pilgerten“ kultur- und geschichtsinteressiert ein kleines Stückchen durch das Sterngässchen hinterm Rathaus an den Mittleren Lech 5: Die Stiftungsverwaltung der Stadt Augsburg war erstmals bei den „Tagen der offenen Türen“ dabei und öffnete die des Jakobsstifts. Zum Blick in den weitverzweigten Gebäudekomplex gab es Erklärungen, wo genau der Schwäbische Jakobsweg hier entlangführt und was das Pilgern mit der Gründung der ursprünglichen Sankt Jakobspfründe 1348 zu tun hat.
Eine ganze Menge – wurden zunächst in der Jakobervorstadt und ab 1542 am heutigen Standort des Jakobsstifts neben Kranken und Bedürftigen auch die seit dem 9. Jahrhundert wachsende Zahl Pilger versorgt, die zum Apostelgrab nach Santiago de Compostela unterwegs waren. Wie es zugegangen sein muss zwischen Reisenden aller möglicher Sprachen und Dialekte, wo sie in der fast 500 Jahre alten Großküche vielleicht mit ihren Jakobsmuscheln Suppe schöpften, und wie der Rat der Stadt immer wieder zwischen caritativem Engagement und wirtschaftlichen Interessen ausbalancieren musste – das alles war bei den beiden Führungen am Freitagnachmittag und Samstagvormittag zu erfahren.
Heute: Sozialverwaltung, Freiwilligenzentrum, Wohnprojekt „Fritz & Jack“
Die Jakobspfründe überdauerte Pestjahre, Reformation und Dreißigjährigen Krieg, wurde immer wieder erweitert, umgebaut, und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum „St. Jakobsstift“ und Altenheim, bevor die historischen Mauern des zentralen Gebäudes keine zeitgemäße Seniorenpflege mehr zuließen und das Jakobsstift 2018 Verwaltungszentrum 5 der Stadt Augsburg wurde. Damit arbeitet die Stiftungsverwaltung erstmals aus eigenen Räumlichkeiten heraus und teilt sich diese mit anderen Ämtern der Sozialverwaltung, dem Freiwilligenzentrum, dem inklusiven Wohnprojekt „Fritz & Jack“ und weiteren Akteuren bürgerschaftlichen Engagements in Augsburg. Der Stiftungszweck wird weiterhin unmittelbar mit betreutem Wohnen in den jüngeren Gebäudeteilen verwirklicht.
Hape Kerkeling stand mit „Ich bin dann mal weg“ wochenlang auf den Bestsellerlisten, Sebastian Ilsungs begeisterter Reisebericht ist bis heute erhalten – und die Teilnehmenden der Augsburg Open-Führungen am Jakobsstift zogen mit viel frischem Wissen über die Geschichte des Jakobsstifts und die 49 heute von hier aus verwalteten Stiftungen von dannen.
Ein Wiedersehen in stiftungseigenen Liegenschaften ist z.B. bei der Langen Kunstnacht am 24. Juni in der Spitalkapelle, der Antoniuskapelle oder im Kleinen Goldenen Saal möglich, ebenso am Tag des offenen Denkmals am 10. September in Spitalkapelle und Kleinem Goldenen Saal, dann wieder mit Führungen statt Kulturhighlights.
Moderne Gebäude für die Allerjüngsten und die Ältesten. Rundgang am 07. 03.2023
Mitglieder des Stiftungsausschusses des Stadtrats und der Stiftungsverwaltung besuchten das Seniorenzentrum Servatius und die „Infanterix“-KiTa auf dem Südstern-Gelände
Vom Kleinkind bis zum hochbetagten Menschen kommen die von der Stadt Augsburg verwalteten Stiftungen allen Altersgruppen der Stadtgesellschaft zugute. Wie das konkret aussehen kann, davon überzeugten sich einmal mehr die Mitglieder des Stiftungsausschusses: Nach zwei Terminen in 2022 schloss sich am 7. März 2023 erneut ein Besuch bei ausgewählten Stiftungs-Liegenschaften an die Ausschuss-Sitzung an.
Mit dem AVV ging es vom Rathaus zum Seniorenzentrum Servatius (SZS) und zur Kindertageseinrichtung „Infanterix“ auf dem Südstern-Gelände zwischen Antonsviertel und Hochfeld, wo Expertinnen und Experten über ihre Arbeit mit den Allerjüngsten und Allerältesten sowie die grundlegenden baulichen Aspekte berichteten. Am Seniorenzentrum Servatius begrüßten Einrichtungsleiter Alexander Menzel, Susanne Greger als Werkleiterin des Eigenbetriebs Altenhilfe Augsburg (EAA) sowie ihr Stellvertreter Bernhard Walser die Gäste aus Stiftungsausschuss und -verwaltung.
Bevor Menzel erklärte, wie er und sein Team arbeiten, gab Dieter Uitz, Leiter des Amtes für Finanzen und Stiftungen, einen Überblick über die Baugeschichte des Südstern-Areals: Das ursprüngliche Servatius-Stift von 1905 hatte als Klinik für Leprosen und Lazarett gedient, als es Anfang der 1950er Jahre eine Umnutzung für die stationäre Altenhilfe erfuhr. Mehrfach an- und umgebaut, blieb in den 2010er Jahren in Anbetracht sich entwickelnder, moderner Anforderungen an die Pflege nur der Abriss, Teilverkauf des Geländes für Wohnungsbau und ein Ersatz-Neubau in Fusion mit dem Westflügel des Anna-Hintermayr-Stifts.
Sozialraum mit Nachhaltigkeits-Gedanken
2018 wurde das neue, fünfgeschossige Seniorenzentrum Servatius eröffnet: Es bietet 184 stationäre Plätze in fünf Wohngruppen, eine Tagespflege, betreutes Wohnen und angeschlossene Therapieeinrichtungen. Bewusst ist es in die Nachbarschaft integriert. Viele der Bewohnerinnen und Bewohner hätten früher schon in der Gegend gewohnt, erklärte Menzel: „Der Sozialraum ist zweifach wichtig: etwa, wenn ich hier eine Nachbarin wiedertreffe, oder wenn Angehörige in der Nähe wohnen und auf dem Nachhauseweg schnell mal vorbeischauen können.“ Ein besonderes Augenmerk legen Menzel und sein Team auf demenzkranke Bewohner mit „Hinlauftendenz“: „Sie wollen ja nicht weglaufen, sondern dahin, wo sie früher waren. Häufig vermissen sie Orte, die einen Bezug zu ihrer Kindheit haben.“ Ebenso sind Bewohner mit Mobilitätseinschränkung aber klaren kognitiven Fähigkeiten im SZS gut aufgehoben: Sie finden etwa in der liebevoll gestalteten Bibliothek oder beim kreativen Nachmittag mit Betreuerinnen in einem der Gemeinschaftsräume Anregung.
Neben dem Nutzen für die Bewohner, setzt das SZS mit einem umfassenden Nachhaltigkeits-Anspruch aus Bausteinen wie einer Blühwiese, Papiervermeidung oder künftig einer Photovoltaikanlage auch „ein gesellschaftspolitisches Statement“, wie Greger und Walser betonten. Greger lobte außerdem die Kooperation mit den Kliniken, aus denen neben Reha-Einrichtungen oder direkt aus dem häuslichen Umfeld die meisten Bewohnerinnen und Bewohner kämen. Damit auch das Personal gerne im SZS arbeitet, versucht Menzel „alles zu ermöglichen, was verhandelbar ist“, etwa einen höheren Betreuungsschlüssel.
Teiloffen und multilingual
Der Betreuungsschlüssel spielt auch in der „Infanterix“-Kita eine Rolle, u.a. weil das Personal neben Deutsch auch Französisch mit den ca. 100 Kindern zwischen sechs Monaten und Schuleintritt spricht – Mehrsprachigkeit ist ein Baustein der Pädagogik hier. Für die 2021 eröffnete Augsburger Dependance des Münchner Betreibers wurde das ehemalige Gemeinschaftshaus der Bungalow-Anlage auf dem Südstern-Gelände entkernt und umgebaut. Infanterix-Leitung Leyla Bakir erklärte den Gästen das multilinguale und „teiloffene Konzept“ der KiTa: „In jeder Gruppe spricht je eine Pädagogin ausschließlich Deutsch oder Französisch mit den Kindern. Die fremde Sprache lernen sie spielerisch durch Fingerspiele, Musik oder im Morgenkreis. Nachmittags sind die Räume offen, sodass die Drei- bis Sechsjährigen zwischen unterschiedlichen Lern-, Erlebnis- und Bewegungsbereichen wechseln und z.B. toben, Rollenspiele oder etwas Kreatives machen können.“ Auch der Außenbereich sei sehr beliebt, sogar bei schlechtem Wetter, was Christian Stachulla, der als Architekt für den Umbau verantwortlich zeichnete, u.a. mit „dem schönen Element des überdachten Umlaufs aus den 60er Jahren“ erklärte, wie man ihn bei keinem Neubau heute mehr umsetzen könne. Vieles andere wurde geändert, um den Bedürfnissen tobender und dann wieder Ruhe benötigender Kleinkinder zu entsprechen: gemütliche Schlafräume im Kellergeschoss für die Krippenkinder bis drei Jahre etwa oder eine Rutsche in einem der Gruppenräume, bei der Stachulla aus der Not eine Tugend machte: „Hier war ein Betonaufsatz, der nicht entfernt werden konnte, also haben wir eine kleine Rutsche mit getrepptem Aufgang angelegt.“
Die Gäste von Stiftungsausschuss und -verwaltung zeigten sich erfreut über den Erfolg beider Einrichtungen. Langfristig richtig getroffene Entscheidungen bringen Lebensqualität und Nutzen für viele Menschen im Seniorenzentrum Servatius, der KiTa „Infanterix“ und im gesamten Quartier rund um das Südstern-Areal.
Krautköpfe und Milchschmalz fürs Waisenhaus
Dr. Dieter Voigt hat jahrelang zu den frühesten belegbaren Sozialleistungen in Augsburg geforscht und stellt seine Erkenntnisse in einer spannenden Präsentation vor
Auf Heller und Pfennig lässt sich sagen, wie die Stadt Augsburg schon im Mittelalter über Stiftungen und Sozialleistungen Bedürftige unterstützte und die Gesellschaft zusammenhielt. Dr. Dieter Voigt durchforstete für Erkenntnisse über die Versorgung von Pilgern, Hebammen und Waisenkindern erstmals die historischen Rechnungsbücher des 14. Jahrhunderts, ein einmaliger Schatz im Stadtarchiv. Der Autor, 1939 in Leipzig geboren, studierte seit 2004 Geschichte an der Universität Augsburg und promovierte 2014 zum Thema „Die Augsburger Baumeisterbücher des 14. Jahrhunderts“. Für die Stiftungsverwaltung der Stadt Augsburg hat er seine Recherchen in eine spannende Präsentation verpackt: Sie zeigen nicht nur, dass bedürftige Bevölkerungsgruppen versorgt wurden, sondern auch, wie solche sozialen Leistungen Gegenstand von politisch oder wirtschaftlich motivierten Entwicklungen waren. Gar nicht so viel anders als heute – auch wenn Waisenhäuser längst nicht mehr unmittelbar von der Stadt mit Krautköpfen und Milchschmalz beliefert werden. Auf unserer Seite Wissenswertes rund ums Stiften und Spenden finden Sie den Download zur Präsentation.
Zum Download95. Geburtstag des Stifters Hermann Egger am 29.09.2022
Da komme schon einiges an Leben zusammen, resümierte Hermann Egger an seinem 95. Geburtstag Ende September. Ähnlich steht es in der Stiftungsurkunde von 2009, in der der gebürtige Augsburger „aufgrund seiner Lebenserfahrung gemeinnützige Anliegen in seiner Heimatstadt nachhaltig zu fördern“ verspricht: Altenhilfe, musikalische Erziehung und öffentliche Gesundheitspflege werden seitdem durch Erträge der Hermann Egger-Stiftung unterstützt.
Dass diese ausgereicht werden können, ist auch Eggers Sachverstand bei der Kapitalanlage zu verdanken, mit dem er das Grundstockvermögen seiner Stiftung anlegte. Ebenso möchte er stets über die Verwendung der Erträge informiert sein. Solange möglich, begleitete er noch persönlich z.B. die Inbetriebnahme neuer Desinfektionssäulen und Schutzkleidung am Klinikum Augsburg 2013. In jüngster Zeit durften sich u.a. Seniorinnen und Senioren über einen Relaxsessel für die „Pflegeoase“ am Lechrain freuen, die Stadtbücherei Augsburg bekam Instrumente für die „Bibliothek der Dinge“ und am Universitätsklinikum wurde ein Forschungsprojekt im Rahmen des molekulargenetischen Tumorboards gefördert – alles Dank der Hermann Egger-Stiftung!
Grund genug, dass Stiftungskoordinatorin Birgit Erhart dem Jubilar Glückwünsche und Präsente aus dem Amt für Finanzen und Stiftungen der Stadt Augsburg überbrachte, nebst einem Gratulationsschreiben von Oberbürgermeisterin Eva Weber und Stiftungsreferent Roland Barth.
Egger wuchs im elterlichen Haus in Kriegshaber auf und erinnert sich noch gut an seine eigene behütete Kindheit im Stadtteil und daran, wie er als Erwachsener den späteren Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl, ebenfalls Kriegshaberer, von dessen Kindesbeinen an kannte und aufwachsen sah.
Nach einer Lehre beim Augsburger Bandsägen-Hersteller Eberle blieb Egger dem Unternehmen sein ganzes Berufsleben über als Handelsvertreter treu. Das hieß viel Auto fahren, aber er war gerne unterwegs und fuhr im Laufe der Jahre „fast jedes Fahrzeug, das es auf dem Markt gab“, wie er erzählt. Die Technik habe sich da „sehr verändert und weiterentwickelt“.
Auch Hermann Eggers Leben veränderte sich: Vom eigenen Auto stieg er auf den Augsburger ÖPNV um, mit einem von der Stadt überreichten Jahresticket-Abonnement. Einer Einladung der Stadt für alle Stifterinnen und Stifter zum Weihnachtskonzert der Augsburger Domsingknaben mit OB-Empfang 2019 konnte er aus gesundheitlichen Gründen bereits nicht mehr folgen. Um ihm gleichwohl Anerkennung für seine Stiftung zu zollen, gab es ein Präsent mit der Augsburger Zirbelnuss, das Dieter Uitz, Leiter des Amtes für Finanzen und Stiftungen, im Auftrag von Oberbürgermeister Kurt Gribl überbrachte.
Damals und solange es möglich war, lebte Egger noch im Elternhaus an der Markgrafenstraße. Als es altersbedingt alleine schwer wurde, fand er wunschgemäß Aufnahme im Dr. Georg Frank-Stift, wo auch seine Lebensgefährtin bereits die letzten Lebensjahre verbracht hatte und Egger die Betreuung bereits kannte und schätzte.
Auch seinen 95. Geburtstag verbrachte Hermann Egger in aller Ruhe im Frank-Stift, am Tag nach seinem Geburtstag verstarb der Stifter.
Rundgang des Stiftungsausschusses zu weiteren Liegenschaften am 26.09.2022
Viele Treppenstufen steigen die Mitglieder des Stiftungsausschusses, um den jahrhundertealten Spuren historischer Gebäude auf den Grund zu gehen:
Von den wie anno dazumal gekalkten Kellerwänden bis zum Dachgebälk des Wieselhauses, vom lichtdurchfluteten Kleinen Goldenen Saal zu antiken Steinquadern unter der Erde, und wieder hinauf auf die Gemeinschaftsterrasse des modernen Wohnkomplexes Am Römertor. All diese Liegenschaften gehören Stiftungen - und bergen Geheimnisse...
„Das Wieselhaus hat einige Geheimnisse bei der Restaurierung preisgegeben – aber nicht alle“, erläutert Architekt Stefan Schrammel und der Enthusiasmus für die meisterhafte restauratorische Detektivarbeit steht ihm ins Gesicht geschrieben. Er und sein Mitarbeiter Martin Geck teilen diese Begeisterung und ihr Fachwissen an diesem Montagnachmittag mit Finanz- und Stiftungsreferent Roland Barth, dem Leiter des Amtes für Finanzen und Stiftungen, Dieter Uitz, sowie Mitgliedern des Stiftungsausschusses. Weil sich die gelösten Rätsel und baulichen Notwendigkeiten alter Gebäude am besten vor Ort erklären und verstehen lassen, haben sich die Damen und Herren nach einem ersten Rundgang im Sommer nun am 26. September erneut aufgemacht, um Liegenschaften aus dem Besitz der von der Stadt Augsburg verwalteten Stiftungen zu erkunden. Neben dem Wieselhaus stehen der Kleine Goldene Saal sowie die Wohnanlage am Römertor auf dem Programm.
Eines der Rätsel im Wieselhaus, das nach einer aufwändigen Sanierung seit 2014 das Fugger und Welser Erlebnismuseum beherbergt, sind Farbspuren auf dem Stirnbrett des Treppengeländers im Dachstuhl: Eine Putte sehen Kunsthistoriker hier. Möglicherweise war das Brett einst Teil einer bemalten Deckenverkleidung im Geschlechtertanz-Saal und wurde, als solche Bemalung aus der Mode gekommen und Baumaterial knapp und wertvoll war, einfach wiederverwertet. Die Stiftungsausschuss-Mitglieder schauen ganz genau hin, es braucht schon etwas Fantasie, die Putte zu erkennen.
Von „Mondscheinsonate“ zu Nachmittagssonne
Fantasie ist bei der nächsten Station im Kleinen Goldenen Saal in der Jesuitengasse 12, wie das Wieselhaus im Eigentum der Stiftung Katholischer Studienfonds, nicht nötig: Die Wand- und Deckenfresken hier sind klar und deutlich und nach einer umfassenden Sanierung der Liegenschaft 1998 – 2004 in strahlenden Farben zu sehen. Geheimnisvoll sind allerdings die verschiedenen Mariendarstellungen, die Blicke und Strahlen, die die Augen der Betrachter lenken, die biblische Geschichte vom Propheten Isaias und König Ahas von Jerusalem und warum in einer der Eck-Kartuschen Rathaus und Perlachturm dargestellt sind. Matthias Ferber vom Direktorat des Gymnasiums bei St. Stephan, das die Räumlichkeit satzungsgemäß für Veranstaltungen nutzen darf, kann darüber und über alles, was es sonst noch über den Saal und die dazugehörige Stiftung zu wissen gibt, ebenso informativ wie unterhaltsam erzählen, bevor der Stephaner Cassian Göbel Beethovens „Mondscheinsonate“ auf dem frisch überholten Flügel spielt und dabei eindrucksvoll die herausragende Akustik des Saales erlebbar macht.
An der dritten und letzten Station tauscht der Stiftungs-Ausschuss den gemalten Himmel dann gegen den echten: Der präsentiert sich auf der Gemeinschafts-Dachterrasse der Wohnanlage Am Römertor in schönster Spätnachmittagssonne.
Funktionierendes Mehrgenerationenwohnen
Zunächst wartet aber ein Abstieg unter die Erde, auf Kellergeschoss-Höhe des Schenkstifts nebenan: Weshalb es „Wohnen am Römertor“ heißt, erklärt sich hier, wo antike Steinquader zu finden sind und Roland Barth sein umfangreiches Wissen über die römische Siedlungsperiode teilt, bevor es viele Treppenstufen nach oben auf die Dachterrasse geht. Die Eigentumswohnanlage Am Römertor gehört verschiedenen von der Stadt verwalteten Stiftungen sowie der WBG.
Nach Informationen von Amtsleiter Dieter Uitz zu den sieben barrierefrei verbundenen Stadthäusern mit 37 Wohneinheiten, 2014 als Siegerentwurf eines Architektenwettbewerbs fertiggestellt, der passende Ort für einen angeregten Austausch über Wohnformen im Alter: Auch neun Wohnungen am Römertor sind speziell rollstuhlgerecht. Und nicht nur einen wunderschönen echten Himmel, auch irdische Helfer scheint es hier zu geben: Die Idee des Mehrgenerationenwohnens mit gegenseitiger Unterstützung bei Kinderbetreuung, Blumenpflege während des Urlaubs oder Einkaufen für ältere Mitbewohner funktioniert Am Römertor hervorragend, wie die Mitglieder des Stiftungsausschusses zum Abschluss ihres Rundgangs erfahren.
Knarzende Treppen und idyllisches Gärtchen im Jakobsstift am Tag des offenen Denkmals, 11.09.2022
"Denkmalen und historischen Bauwerken eine Stimme geben“ ist die Aufgabe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für die Teilnehmenden am Tag des offenen Denkmals, der dieses Jahr unter dem Motto „KulturSpur – Ein Fall für den Denkmalschutz“ stand.
Die Stiftungsverwaltung der Stadt Augsburg öffnete die Tore der von ihr verwalteten Paritätischen St. Jakobsstiftung und ließ das altehrwürdige Jakobsstift durch die Stimme von Stadtführerin Birgit Ritter vom Freiwilligenzentrum sprechen – und 16 Besucherinnen und Besucher hörten während einer 90-minütigen Führung zu.
Auffällig und erfreulich: Interessierte verschiedensten Alters versammelten sich an diesem Spätsommer-Sonntagnachmittag am Tor des Mittleren Lech 5, von Mittzwanzigern bis zu Seniorinnen und Senioren. Das Jakobsstift ist nicht nur ein einzigartiger historischer und architektonischer Schatz, sondern gibt heutzutage verschiedenen Ämtern, Institutionen und Projekten Raum: vom Freiwilligenzentrum über das inklusive Wohnprojekt „Fritz & Jack“ bis zur Stiftungsverwaltung selbst und weiteren sozialen Dienststellen der Stadt Augsburg.
So startete Ritter die Tour nach einer kurzen Begrüßung im Innenhof des weitläufigen Gebäudekomplexes denn auch im großen Jakobssaal mit Informationen dazu, was ganz lebendig und aktuell im Jakobsstift und aus dem Jakobsstift heraus bewirkt wird: z.B. bringt das Projekt „Chancenpaten“ des Freiwilligenzentrums Augsburgerinnen und Augsburger mit Geflüchteten zusammen, 49 rechtsfähige Stiftungen werden von hier aus durch die Stadt Augsburg verwaltetet, und in den jüngsten Gebäudeteil am Oberen Graben 8 von 1898 ziehen gerade neue Mieterinnen und Mieter ins betreute Wohnen ein.
Historische Ansichten, Stadtpläne und Zeittafeln fungierten als Amuse-Gueule für die eigentliche Erkundung des Jakobsstifts und des Jakobsgärtchens: Wo gibt es den fotogensten Ausblick auf Rathaus und Maria Stern? Was haben die wuchtigen, knarzenden Treppen zu erzählen? Welche Auswirkungen hatte die Reformation auf den Standort? Und weshalb gibt es in einem Räumchen am Übergang zum Barfüßerkomplex ein Kreuzgewölbe und ein Weihwasserbecken?
Letzteres sei aufgelöst: Hier wurden in früheren Zeiten, als im Jakobsstift Kranke und Pilger versorgt wurden, Verstorbene aufbewahrt und dann diskret durch ein Seitentürchen zur letzten Ruhestätte gebracht. Wer Antworten auf die anderen Fragen hören oder selbst die Treppen knarzen lassen und den schönen Ausblick aufs Rathaus genießen möchte, der ist herzlich willkommen, das Jakobsstift bei einer der nächsten Möglichkeiten zu besuchen. Wir halten Sie unter „News & Termine“ auf dem Laufenden.
Mitglieder des Stiftungsausschusses besichtigen ausgewählte Stiftungsimmobilien am 21.06.2022
Am liebsten hätten die Mitglieder des Stiftungs-Ausschusses zur Feier des Tages selbst eine Fahne aus der Wiederkehr-Gaube gehangen, die sie im Dachstuhl des Paritätischen Hospitalstifts besichtigen...
durften – so begeistert waren alle von den historischen Gebäuden, die sie am 21. Juni im Anschluss an die Ausschuss-Sitzung besuchten. Damit sollte den Mitgliedern des seit 2020 neu besetzten Gremiums die bislang coronabedingt verhinderte Möglichkeit geboten werden, Stiftungsarbeit vor Ort und einen Teil der Stiftungsliegenschaften auch persönlich kennen zu lernen sowie gemeinsam anzuschauen, worüber sonst nur gesprochen wird: Der Erhalt der teils stadtbildprägenden historischen Gebäude, die den von der Stadt Augsburg verwalteten Stiftungen gehören, ist ein wichtiges Thema im Ausschuss.
Die zweigeschossige Wiederkehr-Gaube, von denen nur drei in Augsburg erhalten sind, war eines von vielen Highlights. An Festtagen hängten die Augsburger früher große Fahnen aus diesen Gauben. Sogar die dafür notwendige Technik mit Drehsäule ist im Dachstuhl des Hospitalstifts noch zu sehen. Ebenso wie Eichennagel-Sicherungen, die man heute nicht mehr nutzen würde, die aber immer noch ihre Dienste tun. „Das statische Wissen ist heute gar nicht so viel anders als vor 400 Jahren“, erklärte Dr. Stefan Schrammel, mit der Sanierung beauftragter Architekt, den interessierten Ausschuss-Mitgliedern. Sein Kollege Martin Geck vom Architekturbüro Schrammel ergänzte: „Deshalb arbeiten wir in einem dem Denkmalschutz geschuldeten Modus, das notwendig Neue voranzutreiben – wenn etwas Altes aber noch gut ist und sogar eine Funktion erfüllt, darf es bleiben.“ Dies ist eine generelle An- und Herausforderung an Schrammel, Geck und deren Kollegen.
So war Finanz- und Stiftungsreferent Roland Barth denn auch beeindruckt „von der technischen Rekonstruktion des Dachstuhls, von dieser handwerklichen Präzision bei 100% Beachtung des Denkmalschutzes. Und immerhin ist es ein Elias Holl-Dachstuhl, den wir da auch für kommende Generationen gerettet haben!“ Generell resümierte Barth: „Es ist so schön, dass alles lebt und wir keine Museen besuchen, sondern Gebäude, in denen immer noch vielfältiges Stadtleben blüht.“
Auch in der Spital-Kapelle, einer weiteren Station des Stiftungsausschusses, war beispielsweise zu sehen, wie das alte Chorgestühl und der gesamte Raumeindruck erhalten werden können – danke eines den besonderen raumklimatischen Gegebenheiten Rechnung tragenden Heiz- und Lüftungskonzept. Auch der historische Bodenbelag konnte weitgehend erhalten werden, er wurde nur, wo erforderlich, durch neue, handgefertigte Platten harmonisch ergänzt, sodass der Gesamteindruck für Gläubige noch auf Jahrhunderte erlebbar bleibt.
Ein weiteres, besonders gelungenes Beispiel dafür ist auch das Montessori-Kinderhaus im alten Wollmarktsaal des Hospitalstiftes: Trotz des für die neue Nutzung erforderlichen Einzugs von Raumtrennwänden blieb die Gewölbe-Raumkulisse sichtbar und erblebbar. Bei Stiftungsausschuss-Mitglied Melanie Hippke fanden die Umbauten im Kreuzgewölbe Begeisterung: „Das ist richtig gut gelöst, wie das Flair des alten Wollmarktsaales erhalten wurde und nun moderne Lebensansprüche erfüllt werden können.“
Ein guter Ort bei den sommerlichen Temperaturen war auch die Gemeinschafts-Dachterrasse von „Fritz & Jack“, dem inklusiven Wohnprojekt des Fritz-Felsenstein-Hauses im Jakobsstift. Auch hier pulsiert das Leben in alten Gemäuern, was Amtsleiter Dieter Uitz besonders freut: „Bereits in der Projektvorbereitung und -entwicklung zusammen mit Gregor Beck vom Fritz Felsensteinhaus hat mich das innovative Konzept überzeugt. Umso berührender war es, jetzt zu sehen, mit welcher Detailliebe die Einrichtung gestaltet und ausgestattet wurde und mit welcher Begeisterung die zuständigen Mitarbeiter bemüht sind, es den hier wohnenden Menschen mit Assistenzbedarf so angenehm und leicht wie möglich zu machen, mitten in der Innenstadt selbstbestimmt zu wohnen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Dies entspricht auch dem historischen Stiftungsgedanken unserer Paritätischen St. Jakobs-Stiftung.“ Im zum Verwaltungsgebäude 5 umgebauten Jakobsstift hat auch die städtische Stiftungsverwaltung selbst – neben Ämtern der Sozialverwaltung – ihren Sitz. Uitz zeigte den Ausschuss-Mitgliedern, was er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich direkt an ihrem Arbeitsplatz bewundern dürfen: Das historische Ambiente etwa, sowie das Wandgemälde der Gründungsszene von 1348 der Paritätischen St. Jakobsstiftung im Jakobs-Saal oder die Steintafel zur Translation der Stiftung (Umzug) in das jetzige Gebäude im Jahr 1543.
Veranstaltung im Fuggerei next500-Pavillon auf dem Rathausplatz am 25.05.2022
Stiften bei der Stadt Augsburg? Mit dieser Frage hatten wir Ende Mai 2022 Publikum in den Fuggerei next500-Pavillon auf dem Rathausplatz eingeladen – und mit „Zu was würden Sie sich anstiften lassen?“ dort gleich eine weitere Frage gestellt. Unsere Besucher und Besucherinnen und wir fanden viele gute Antworten auf beide Fragen! In Form von Filmen, Vorträgen, einer Instax-Foto-Aktion und mehr zu den von der Stadt verwalteten Stiftungen, musikalisch umrahmt von JoJo – Guitar and Vibes.
Restitution von Kunstgegenständen aus der Haberstock-Sammlung, Pressemitteilung vom 12.05.2022
„Eine solche Restitution umfasst ja nicht nur die Rückgabe von Vermögensgegenständen, sondern auch den Willen zur Wiedergutmachung“, sagte Finanz- und Stiftungsreferent Roland Barth, als im Mai 2022 Kunstgegenstände und Möbelstücke aus dem Bestand der Haberstock-Stiftung an die Erben des vormaligen jüdischen Besitzers Fritz Gutmann übergeben wurden.
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