Die Stadt und ihre Quellen
Wasser galt als Gottesgabe und daher war es die Pflicht jeder Obrigkeit, dieses lebensnotwendige Elixier durch entsprechende Ordnungen zu schützen. Die Versorgung mit Trinkwasser war von Beginn an die Achillesferse der Stadt Augsburg.
Der auf einer Hochterrasse liegende Siedlungskern barg für die Versorgung der Stadt mit Trinkwasser einen enormen Nachteil: Das in 10–14 m Tiefe liegende Grundwasser konnte kaum durch die Anlage von Schöpfbrunnen gewonnen werden, natürliche Quellen waren spärlich vorhanden. Beim Aufbau eines zentralen Wasserversorgungssystems, das seit dem Beginn 15. Jahrhundert nachweisbar ist, machte man sich daher zunächst die Grundwasserquellen in den Lechauen zunutze, die man mit Hilfe von Wasserrädern in Türme pumpte und über das entstandene Gefälle mittels unterirdischer Leitungen in die städtischen Laufbrunnen („Röhrkästen“) verteilte. (c) Die Anlage von Wassertürmen ging dabei mit dem Ausbau der Stadtmauern und des mittelalterlichen Verteidigungssystems einher. Besonders das Bevölkerungswachstum des 16. Jahrhunderts machte eine Erweiterung der Trinkwasser- versorgung nötig. Allerdings stiegen mit zunehmender Entfernung der Quellen (Brunnenbach in der Meringerau) auch die Kosten für die Zusammenführung und Herleitung des Trinkwassers sowie für die Wartung der Leitungen. Außerdem lag der Ursprung der Wasserquellen außerhalb des städtischen Territoriums auf bischöflichem bzw. herzoglich bayerischem Territorium. Zahlreiche Verträge regelten daher seit dem Mittelalter die Versorgung Augsburgs mit Trink- und Brauchwasser. 1602 brachte der Erwerb der sogenanten „Bischofsau“ (Siebentischwald) im Grundbesitztausch mit der geistlichen Herrschaft den Zugewinn eines wichtigen Wasserreservoirs. Doch faktisch entschied meist das Verhältnis zu Bayern über die Möglichkeiten und Grenzen des Zugriffs. Die Reichsstadt machte sich dadurch vor allem in Konflikt- und Kriegszeiten extrem abhängig und verletzbar.
Dies bekam Augsburg u. a. im sogenannten „Pfandschillingsvertrag“ zu spüren, der am 2. Januar 1721 in München unterzeichnet wurde. Darin überließ Kurfürst Max Emanuel (1662–1726) die Meringerau mit ihren Wasserquellen gegen ein Darlehen von 100.000 Gulden für einen Zeitraum von 40 Jahren der Reichsstadt als Pfand. In der Hoffnung, auch nach Ende der Vertragsdauer über die Zuleitungen des Brunnenwassers verfügen zu können, betrieb die Stadt während dieser Phase einen extensiven Ausbau der dortigen Quellen und Wasserhäuser, was von Bayern als Raubbau gewertet wurde. Als der Herzog nach Ablauf der Pfandzeit das Darlehen als Entschädigung dafür zurückbehielt und stattdessen zur Demonstration seiner Macht auch noch das Lechwasser am Hochablass entzog, waren langjährige Auseinandersetzungen die Folge. Erst 1763 einigte man sich vertraglich: Augsburg verzichtete nicht nur auf jene 100.000 Gulden, sondern bezahlte auch noch 6.000 Gulden bar an die Bayern, konnte dafür aber die Quellen der Meringerau weiterhin nutzen und die entsprechenden Bauten und Leitungen warten und pflegen. Das Ende der reichsstädtischen Selbstständigkeit und die Eingliederung in das Königreich Bayern (1806) machten der Abhängigkeit Augsburgs von unsicheren Wassernutzungsrechten ein Ende.