Die Versorgung mit Augsburgs „hohem Gut“

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren nicht nur die Noten für die städtische Abwasserentsorgung mangelhaft. Auch um die Versorgung der Stadt mit Trinkwasser war es schlecht bestellt. Dies attestierte auch der Münchner Hygieniker Max von Pettenkofer (1818-1901), ab 1865 erster deutscher Professor für Hygiene an der Ludwig- Maximilians-Universität München, als er die Ergebnisse seiner Untersuchungen zu den Ursachen der großen Cholera-Epidemie in Augsburg 1854 vorlegte.

Zu dieser Zeit bezogen die Augsburger ihr Trinkwasser noch aus in der Stadt gelegenen teils privaten, teils gemeindlichen, Pumpbrunnen. Nur ein geringerer Anteil der Anwesen – etwa jedes dritte Haus – war bisher an das städtische Wasserleitungsnetz angeschlossen und auch dieses Leitungssystem wurde durch Wasser aus zahlreichen innerstädtischen Brunnen gespeist. Die schlechte Qualität des Brunnenwassers wurde als eine Ursache der schrecklichen Cholera-Epidemie von 1854 mit beinahe 3.000 Todesopfern ausgemacht.
 
Engmaschige Überwachung der Wasserqualität an allen – privaten und öffentlichen – Brunnen der Stadt waren die Folge. Regelmäßige chemische Untersuchungen sollten die Reinheit des Wassers garantieren und zahlreiche Ausbaumaßnahmen an den bestehenden Brunnenwerken die Röhrwasserversorgung der stetig wachsenden Stadt sichern. Letztlich waren die alten Wasserwerke jedoch nicht in der Lage, das Wasser mit dem nötigen Druck in die Leitungen zu speisen, um auch die entferntesten Winkel der Stadt zu erreichen. An der teilweise schlechten Qualität des eingespeisten Quellwassers änderte sich freilich durch die technische Aufrüstung der Anlagen nichts. Daher suchte die Stadt Augsburg parallel zu diesen Maßnahmen seit den 1860er Jahren nach Alternativen zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Versorgung mit reinem Wasser.

Die Lösung fand sich im Siebentischwald vor den südöstlichen Toren der Stadt – die Ilsungquelle. Chemische Gutachten bestätigen dem Grundwasser aus dem stadtnahen Waldgebiet beste Qualität. (a) Da sich das gesamte Areal im Besitz der Stadt befand, konnte hier auch für dauerhaft hohe Qualität garantiert werden. 1876 gab die Stadt den Startschuss zu dem Mammutprojekt. Es wurden Sammelbrunnen angelegt und ein neues Wasserwerk am Hochablass errichtet. Durch Wasserkraft förderte man die Wassermassen zu Tage und leitet sie unter „Hochdruck“ in die Stadt.  Das 1878 in Betrieb genommene Wasserwerk gilt bis heute als ein Meisterwerk der Ingenieurskunst.

Ein 54 Kilometer langes, gußeisernes Leitungsnetz verteilte seit dieser Zeit reines und frisches Trinkwasser an die städtischen Haushalte innerhalb Augsburgs, die zugleich zum Anschluß an das neue Wassernetz verpflichtet wurden. Gleichzeitig ermöglichten 645 an diese Leitungen angeschlossene Hydranten auch der Feuerwehr eine rasche und effiziente Brandbekämpfung. Der Ausbau der Leitungen ging jedoch schleppend voran. Zudem profitierte nur die Bewohner der Stadt Augsburg davon. Die Augsburger Vororte kamen erst nach ihrer Eingemeindung in den Genuss dieser Wohltat. (b) (c) Und auch dort ging der Anschluss aller Anwesen nicht von heute auf morgen, sondern war ein langjähriger Prozess.