Die Kanustrecke am Eiskanal

Das anlässlich der Olympischen Spiele 1972 errichtete Bundesleistungszentrum für Kanuslalom und Wildwasser als weltweit erste künstliche Wettkampfstrecke erfreut sich in Augsburg national und international allgemeiner Bekanntheit.

Die Anfänge des Augsburger Kanusports liegen allerdings bereits in den 1920er Jahren mit der Gründung einer „Faltbootabteilung“ des Schwimmvereins Augsburg (1923) und eines „Augsburger Kajak-Vereins“ (1924). Der Kanusport, seit 1936 auch eine olympische Disziplin, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Augsburg weiter gefördert. Die Trainings- und Wettkampfstrecken für die Slalom- und Wildwasserdisziplinen verlagerten sich ab 1949 an den Hochablass, wo ein (provisorisches) Vereinsheim entstand. 1956 folgte der Ausbau des Hauptstadtbachs als künstliche Slalomstrecke durch die Stadt Augsburg, 1964 entstand das erste Vereinshaus des „Augsburger Kajak-Vereins“ am Eiskanal.

Der vom Lech oberhalb des Hochablasses abgezweigte Eiskanal diente als Teil des historischen Augsburger Kanalnetzes ursprünglich der Umgehung von Treibeis im Winter. In einer Bauzeit von 10 Monaten und mit Gesamtkosten von 16 Millionen D-Mark wurde dieser Wasserlauf 1970/71 von Münchener Landschaftsarchitekten – den Brüdern Gottfried und Anton Hansjakob - in eine Wildwasseranlage umgebaut, die am 22. August 1971 mit einem internationalen Wettkampftag in Betrieb ging. (a) Die innovative Sportstrecke mit einem konstanten Wasserstand und abgerundeten Einbauten (Stufen, Walzen, Kehrwasser), die die Verletzungsgefahr für Sportler minimierten, avancierte in der Folgezeit zum Vorbild für weitere Slalomstadien.

103 Teilnehmer aus 16 Ländern paddelten bei den olympischen Spielen vom 28. bis 30. August 1972 auf der 660 Meter langen Strecke zwischen künstlichen Betonhindernissen wie „Moby Dick“ und „Zuckerhut“ in der Augsburger Betonrinne um eine Medaille. Mehr als 50.000 Zuschauer verfolgten dabei das imposante Spektakel der anspruchsvollen Wirbel und Stromschnellen, in denen die Kanu-Weltelite um Erfolge rang. Zuletzt ging in allen vier Disziplinen – Kajak-Einer der Herren und Damen wie auch Kanadier-Einer und Zweier der Herren – das olympische Gold an die Athleten der DDR. Mit 20 Gold-, 23 Silber- und 23 Bronzemedaillen standen die ostdeutschen Athleten 66 Mal auf dem Siegertreppchen und belegten noch vor der BRD den dritten Platz der Rangliste.

Neben den Olympischen Spielen sah der Eiskanal noch eine weitere Reihe an nationalen und internationalen Sportwettbewerben wie die Kanuslalom-Weltmeisterschaften 1985 und 2003, die Europameisterschaften 1996 und 2012 sowie die Weltmeisterschaft im Wildwasser-Sprint 2011. Sechs Streckenabschnitte mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden stehen heute den Spitzensportlern des Deutschen und Bayerischen Kanu-Verbands und den ansässigen Vereinen, aber auch der Jugend und Nichtmitgliedern, für Freizeitsport und Wettkampf zur Verfügung.