Schwäbische Kreisausstellung 1886
Ein Ereignis der Superlative
Jubelnde Menschen, Marschmusik, ein kleiner Festzug und mittendrin Prinz Ludwig von Bayern, der spätere König Ludwig III. – dieses Bild bot sich Augsburger Passanten vor 135 Jahren, am Vormittag des 15. Mai 1886 auf dem Weg vom Bahnhof zum Gelände des Stadtgartens an der Gögginger Straße. Der Anlass? Unter dem Protektorat der Wittelsbacher feierte man die Eröffnung der „Schwäbischen Kreis-, Industrie-, Gewerbe und kunsthistorischen Ausstellung“, die damals mit insgesamt mehr als 730.000 Besuchern und über 900 Ausstellern zu einem wahren Großereignis in Augsburg wurde.
Erste Impulse für die Durchführung einer derartigen Schau kamen in den 1880er Jahren vom Augsburger Bürgerverein. Angeregt von ähnlichen, damals in Straubing (1879) und Nürnberg (1882) abgehaltenen Ausstellungen vertrat dieser deutlich die Meinung, eine Stadt mit Geschichte und Rang wie Augsburg dürfe hierbei auf gar keinen Fall gegenüber anderen Kommunen zurückstehen. Bot eine derartige Messe doch der Region Augsburg die Möglichkeit, ihre aktuelle und vergangene Leistungsfähigkeit und Vielfalt auf industriellem, gewerblichen, kunsthistorischen und landwirtschaftlichem Sektor einem breiten Publikum zu präsentieren.
Um den Ausstellern genügend Platz bieten zu können, errichtete man nach den Plänen der Architekten Ludwig Leybold und Jean Keller auf dem Gelände des ehemaligen Thenn´schen Gartengutes vier große Hallen. Das einzige in Stein ausgeführte Gebäude war für die kunsthistorische Ausstellung vorgesehen und bot fast 2.500 Objekten Platz. Dort präsentierte man neben Gemälden alter schwäbischer Meister auch liturgische Geräte oder kunstvoll gefertigte Waffen vergangener Zeiten. Das Hauptausstellungsgebäude war den verschiedenen Industrie- und Gewerbebranchen gewidmet. Von Zementrohren und Mauersteinen über Spirituosen und Mineralwasser bis hin zu Möbeln reichte hier für den interessierten Besucher die Produktpalette. Ein ähnliches Bild bot der dritte Bautrakt. Dort informierte eine landwirtschaftliche Fachausstellung über Obst- und Gartenbau, Fischerei und Geflügelzucht bis hin zum Torfabbau das Publikum. In der Maschinenhalle mit Kesselhaus konnte man die zunehmende Technisierung der Arbeitswelt hautnah miterleben und modernste Maschinen bestaunen. Einen besonderen Anreiz zum Besuch boten auch Verlosungen, bei denen die Teilnehmer vor allem Ausstellungsstücke gewinnen konnten, und die Ballonfahrten des damals in ganz Deutschland bejubelten „Aeronauten“ Carl Securius. Mit einem Hauptrestaurant, der Bierhalle und dem Caféhaus war für das leibliche Wohl der Besucher ebenfalls bestens gesorgt. Zum Verweilen und Ausruhen auf dem Gelände luden zudem ein Musikpavillon mit seinen zahlreichen Konzerten und die prächtigen Park- und Gartenanlagen ein.
Nach dem Ende der Messe blieben zunächst noch einige Ausstellungsbauten erhalten, der größere Teil der aus Holz errichteten Gebäude wurde jedoch abgebrochen. Es entstanden dort in der Folgezeit neue Räume für gesellschaftliche Veranstaltungen: eine Konzerthalle, die 1910 abbrannte und durch den „Ludwigsbau“ ersetzt wurde, und die Sängerhalle, die man mit der Fassade des alten Hauptausstellungsgebäudes verband. Letztere fielen beide 1934 einem Brand zum Opfer. Das Caféhaus, zwischenzeitlich als Marionettentheater genutzt, wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bombentreffer zerstört. Die Ruine des ebenfalls im Krieg stark beschädigten steinernen Gebäudes der kunsthistorischen Ausstellung musste 1950 einem Bau der Landwirtschaftsmesse weichen.
Der eigens gegründete Verein „Augsburger Stadtgarten“ übernahm nach Abschluss der Ausstellung die Erhaltung der Parkanlage, die auch weiterhin ein beliebter Treffpunkt und Erholungsort der Augsburger Bevölkerung blieb. Heute stehen auf dem ehemaligen Ausstellungsgelände im Stadtgarten der „Kongress am Park“ und der Hotelturm. Lediglich der See und der schmiedeeiserne Pavillon haben als Erinnerungsstücke der einstigen Kreisausstellung die Zeiten überdauert.