Revolution …im Deutschen Reich
Deutschland im Herbst 1918: Nach vier Jahren Krieg steht das Land am Abgrund. Längst ist die Kriegsbegeisterung verflogen, es mangelt an Lebensmitteln. Die Bevölkerung sehnt das Ende eines Krieges herbei, der nicht mehr zu gewinnen ist. Forderungen nach dem Rücktritt des Kaisers, nach mehr Demokratie verbreiten sich. Revolution liegt in der Luft – in Berlin und auch in München.
Kieler Matrosen machten den Anfang: in den ersten Novembertagen 1918 weigerten sie sich ihr Leben in einem aussichtslosen Kampf zu verlieren und meuterten. Schnell schlossen sich landesweit Soldaten und Arbeiter ihrer Bewegung an. In der Reichshauptstadt Berlin wurde den führenden Politikern klar, dass die alte Ordnung nicht mehr zu halten war. Eigenmächtig verkündete Reichskanzler Prinz Max von Baden am 9. November 1918 den Rücktritt des Kaisers und setzte Friedrich Ebert (MSPD: Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands) als neuen Reichskanzler ein. Philipp Scheidemann (MSPD) rief am selben Tag die „Deutsche Republik“, Karl Liebknecht (KPD: Kommunistische Partei Deutschlands) die „Freie Sozialistische Republik Deutschland“ aus. Damit war das Ende des deutschen Kaiserreichs besiegelt und der Weg in eine Republik vorgezeichnet. Doch wie sollte diese aussehen?
Unter Eberts Führung bildete sich eine Revolutionsregierung, der „Rat der Volksbeauftragten“, aus Vertretern der beiden sozialdemokratischen Parteien MSPD und USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands). Das erklärte gemeinsame Regierungsziel – das Ende des Krieges – wurde mit der Unterzeichnung des Waffenstillstands am 11. November 1918 erreicht. Neben der Demobilisierung der heimkehrenden Soldaten und Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln stellte die Frage, welche politische Ordnung gebildet werden sollte, die Revolutionsregierung vor große Herausforderungen.
Während die USPD für eine Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft im sozialistischen Sinn und unter Einbezug der Räte eintrat, votierte die MSPD für den Aufbau einer parlamentarischenDemokratie. Alle weiteren ökonomischen und sozialen Weichenstellungen wollte die MSPD einer verfassunggebenden Nationalversammlung überlassen. Die politischen Auseinandersetzungen fanden an Weihnachten 1918 ihre Entsprechung in Straßenschlachten zwischen regierungstreuen Truppen sowie aufständischen Matrosen und Arbeitern.
Aus Protest gegen das Vorgehen der Regierungstruppen traten die USPD-Vertreter aus der Revolutionsregierung zurück. Mit dem Ziel, eine Räterepublik zu errichten, kämpften nun kommunistisch gesinnte Vertreter der USPD und sozialistische Arbeiter gemeinsam gegen die Berliner Regierung. Der sogenannte „Januaraufstand“ 1919 forderte 165 Tote. Letztlich wurden die Unruhen gewaltsam niedergeschlagen und die Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung fanden – ganz im Sinne der MSPD – am 19. Januar 1919 statt. Rund 20 Millionen Männer und erstmals auch Frauen waren zur Wahl aufgerufen. Mit knapp 38 % gingen die MSPD, mit rund 20 % das konservative Zentrum und mit 18,5 % die DDP (Deutsche Demokratische Partei) als Sieger aus der Wahl hervor. Während die drei Parteien die sogenannte „Weimarer Koalition“ bildeten, erzielte die USPD mit 7,5 % ein enttäuschendes Ergebnis. Im politischen Berlin nahm die Bedeutung der Arbeiter- und Soldatenräte in der Folge deutlich ab.