Die Reichspogromnacht am 9. November 1938
Die „Reichspogromnacht" fand in Deutschland in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 statt. In dieser Nacht führten die Nationalsozialisten – vor allem SA, SS teilweise auch HJ und gewöhnliche Bürger – im gesamten Reich gezielte Gewaltaktionen gegen die jüdische Bevölkerung aus. Viele Synagogen wurden zerstört, zahllose jüdische Geschäfte und Wohnungen geplündert und demoliert. Die Polizei griff nicht ein, nur wenige Menschen trauten sich, ihren jüdischen Mitbürgern zu helfen.
Dutzende Jüdinnen und Juden kamen bereits während der Ausschreitungen ums Leben, zahllose weitere wurden verletzt, drangsaliert und gedemütigt. Bis zu 30.000 jüdische Männer verschleppten die Nationalsozialisten in KZs und hielten sie dort teils wochenlang fest. Hunderte von Ihnen überlebten diese Tortur nicht.
Dies war der Beginn der systematischen Verfolgung und Vernichtung des europäischen Judentums, der Anfang des Holocaust.
Ausschreitungen in Augsburg
Der Pogrom fand auch in Augsburg statt. In den frühen Morgenstunden des 10. November drangen Nationalsozialisten in die Synagoge in der Halderstraße ein, verwüsteten deren Inneres und legten Feuer. Dem Vandalismus fielen die wertvollen Glasprismenleuchter, die Thorarollen mit dem kostbaren Silberschmuck, Thoraschreinvorhänge und andere Ritualien sowie die Unterlagen der Gemeinde zum Opfer. Das Synagogengebäude blieb lediglich vor der Zerstörung bewahrt, weil die Feuerwehr den Brand zum Schutz der umliegenden Gebäude, insbesondere eines Tanklagers, löschte.
Die jüdische Gemeinde wurden daraufhin von offizieller Seite beschuldigt, den Brand selbst gelegt zu haben. Bei Haussuchungen und Ausschreitungen gegen die Geschäfte in jüdischem Besitz kam es erneut zu Plünderungen. Die Schäden der Pogromnacht mussten in den folgenden Tagen auf Kosten der Betroffenen, denen zynischerweise eine „Sühneleistung“ auferlegt wurde, beglichen werden. Die männlichen Gemeindemitglieder wurden im städtischen Gefängnis am Katzenstadel inhaftiert. Nach achttägiger Haft kamen ca. 150 jüdische Männer ins Konzentrationslager Dachau, wo sie mindestens einen Monat bleiben mussten.
Für viele Jüdinnen und Juden war die Pogromnacht – ganz wie von den Nationalsozialisten intendiert – ein Signal zum Aufbruch: Allein in den kommenden drei Monaten verließen 89 Augsburger Juden als Auswanderer die Stadt.
Gedenkstunde am 9. November
Die Gedenkstunde zur Erinnerung an den Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November wird von der Stadt Augsburg gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg in der Synagoge begangen.