Gedenken an den Genozid an den Sinti und Roma

Insgesamt wurden im Deutschen Reich und den von den Deutschen besetzten Ländern Osteuropas bis zu eine halben Millionen Sinti und Roma von den Nationalsozialisten umgebracht. Noch immer gilt der „Porajmos“ als ein „vergessener Holocaust“, weil er in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist und die Überlebenden lange dafür kämpfen mussten, überhaupt als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung anerkannt zu werden. Auch „Wiedergutmachungsleistungen“ erhielten sie spät oder nie.

Im Jahr 2015 regte das Europäische Parlament an, den 2. August als europäischen Gedenktag für die von den Nationalsozialisten ermordeten Sinti und Roma einzuführen. Seither wird an diesem Tag an die Opfer des „Porajmos“ (dt. „das Verschlingen“) erinnert, wie dieser Völkermord in der Sprache der Roma genannt wird.

Das konkrete Datum bezieht sich auf die Ermordung einer letzten im sogenannten „Zigeunerlager“ des KZ Auschwitz-Birkenau verbliebenen Gruppe von ca. 4.200 Sinti und Roma - hauptsächlich Frauen, Kinder und Alte - die in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 von der SS ermordet wurden. Bereits seit Februar 1943 erfolgte die systematische Deportation der Sinti und Roma nach Auschwitz, wo die meisten der etwa 22.000 Inhaftierten durch planmäßige Mangelernährung, Zwangsarbeit, medizinische Versuche oder in den Gaskammern den Tod fanden.

Seit 2021 veranstalten die Stadt Augsburg und der Regionalverband Deutscher Sinti und Roma Schwaben am 2. August eine öffentliche Gedenkstunde und möchten damit zugleich ein Zeichen gegen neue Formen von Rassismus und Antiziganismus setzen.


Gedenktafel für die in der NS-Zeit ermordeten Sinti und Roma

Die Gedenktafel an der Leichenhalle erinnert an die Verfolgung und Ermordung zahlreicher Augsburger Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus. Sie soll nicht nur die Toten ehren und den Opfern Würde und Anerkennung zurückgeben, sondern auch verdeutlichen, dass Sinti und Roma heute ein Teil der Stadtgesellschaft sind.

Das Dreieck symbolisiert den Schwarzen Winkel, den viele der in die Konzentrationslager eingewiesenen Sinti und Roma als Kennzeichnung tragen mussten. Darin sind die Zeilen des Gedichts „Auschwitz“ des italienischen Künstlers Santino Spinelli eingraviert.

Die Tafel entstand auf Initiative des Regionalverbands Deutscher Sinti und Roma Schwaben e.V. und seiner Sprecherin Marcella Reinhardt. Finanziert wurde sie von der Stadt Augsburg und der Firma Steinwelt Sebastian Wagner. Ihre Einweihung erfolgte am 24. Mai 2018 in einem Festakt.

 

Die Gräber der Holocaust-Überlebenden

Der Nordfriedhof ist dem „Fischerholz“, wo sich nach 1945 zahlreiche Sinti und Roma ansiedelten, am nächsten gelegen. Nach Schätzung des Regionalverbands gibt es hier annähernd 100 Gräber von Sinti, Roma und Reisenden. Darunter befinden sich auch die letzten Ruhestätten von mindestens 45 Menschen, die während der NS-Zeit verfolgt wurden, den Holocaust aber überlebten.

Die Entschädigungszahlungen, welche die Familien der Sinti und Roma in der Nachkriegszeit für das erlittene Unrecht erhielten und für die sie lange kämpfen mussten, investierten sie meist ausschließlich in die Gräber. Viele der Grabstätten sind deshalb besonders aufwändig und prächtig gestaltet.

Seit einiger Zeit werden die Angehörigen beim Erhalt der Gräber auch von staatlicher Seite aus unterstützt. 2017 haben Bund und Länder vereinbart, jeweils zur Hälfte die Grabnutzungsgebühren für die Gräber von Sinti und Roma, die Opfer des Holocaust waren, zu übernehmen.