Der 28. April 1945: Kriegsende in Augsburg

Der 28. April 1945 ist für die Stadt Augsburg ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte. Denn an diesem Tag wurde der 2. Weltkrieg innerhalb der Stadt beendet. Mit dem Einmarsch der Amerikaner begann die Stationierung der US-Truppen. Gleichzeitig war es der Beginn einer Zeitspanne von mittlerweile über 75 Jahren, in denen Frieden und Demokratie vorherrschen.

Unter anderem auf Einladung von Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl kamen an diesem Jahrestag immer wieder zahlreiche Gäste des öffentlichen Lebens, der Politik und Wirtschaft, der Bundeswehr, ehemalige US-Angehörige und Vereine zu einer Gedenkfeier nach Augsburg. Auch Soldaten der „66th Military Intelligence Brigade“ aus Wiesbaden, der letzten in Augsburg stationierten Einheit, waren bereits hier. Häufig sprach auch der jeweils amtierende amerikanische Generalkonsul.



Der Einmarsch der Amerikaner markiert den Aufbruch in die Demokratie – der 28. April 1945 in Augsburg und was daraus folgte. Bildquelle: Chronos-Media



Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl: „Diese Erinnerung müssen wir wach halten!“ – Augsburgs Oberbürgermeister über den 28. April 1945



Meghan Gregonis: „Die Waffen schwiegen an diesem Tag“ – die amerikanische Generalkonsulin Meghan Gregonis über den 28. April 1945



Prof. Marita Krauss: „Keine Bomben mehr – keine Zeit mehr im Luftschutzkeller!“ – die Historikerin Prof. Marita Krauss von der Universität Augsburg über den 28. April 1945


Bildergalerie zum Kriegsgedenken



Grußwort Ret. Captain C. Monika Stoy

Sehr geehrter Oberbürgermeister Dr. Gribl, verehrte Gäste, Augsburger Bürger, Freunde der 3. Infanteriedivision,


Die besten Grüße und Wünsche zum 75. Jahrestag der friedlichen Übergabe der Stadt Augsburg an die 3. Infanteriedivision am 28. April 1945. Es war eine große tapfere Leistung der Augsburger, die fanatischen Führer der NS-Verwaltung der Stadt Augsburg zu isolieren  - es hat diese prächtige und historische Stadt sicherlich vor schweren Schäden bewahrt. Vielen Dank, dass Sie uns eingeladen haben, um bei dieser bedeutenden Gedenkfeier teilzunehmen. Wir sind traurig, dass COVID 19 dieses Ereignis auf ein virtuelles Gedenken beschränkt hat, aber dies macht dieses Ereignis nicht weniger wichtig.


Die Soldaten der 3. Infanteriedivision, die am 28. April 1945 hier angekommen sind, hatten bereits einen langen Weg zurückgelegt, um hierher zu gelangen. Es gab noch Soldaten aus der Division, die im November 1942 in Nordafrika gelandet waren und danach auf Sizilien, in Italien, in Südfrankreich, in den Vogesen, am Brückenkopf Elsass und dann im März 1945 sich durch den Westwall gekämpft hatten. Die Soldaten, die am 28. April hier angekommen sind, hatten etwas mehr als einer Woche davor drei äußerst schwierige Kampftage in Nürnberg überstanden - sie erwarteten dasselbe hier. Die friedliche Kapitulation sorgte dafür, dass ihre Erinnerungen an Augsburg nicht von Todes- und Zerstörungsszenen geprägt, sondern nur flüchtige Erinnerungen an den raschen Durchgang auf dem Weg nach München, Salzburg und den Obersalzberg / Berchtesgaden waren.


Wir hatten die große Ehre, zuvor mit Ihnen an den 65. und 70. Jahrestag Ihrer Befreiung zu gedenken. 2010 haben Sie mit drei unserer anwesenden Veteranen - Dr. Charles Phalen, Dr. Murray Simon und Colonel Bill Ryan - eine wunderschöne Bronzetafel eingeweiht. Leider lebt nur noch Colonel Ryan, 98 Jahre alt, er kann aber nicht mehr reisen. Wir hatten 2015 zwei Veteranen bei uns, Herrn John Miller und Herrn Bob Dutil. Bob hat gerade am 5 April seinen 95. Geburtstag gefeiert, kann aber auch nicht mehr reisen. Wir verlieren die Generation des Zweiten Weltkriegs schnell und Erinnerungen aus erster Hand an diese schrecklichen Tage verblassen rasch. Deshalb sind Gedenkfeiern wie dieses so wichtig. Sie dienen als kritische Verbindungen zur Vergangenheit und stellen sicher, dass wir den schrecklichen Preis, den jeder in einem Krieg zahlt, nicht vergessen.
 

In den 75 Jahren seit Kriegsende wurde der Frieden in Europa durch das starke Bündnis und die Freundschaft zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten garantiert. Augsburg beherbergte im Laufe der Jahre eine große Anzahl amerikanischer Soldaten, darunter Einheiten der 3. Infanteriedivision, während es in Deutschland stationiert war. Während dieser Zeit bildeten sich enge freundschaftliche Bindungen, die auch nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte vor fast 20 Jahren weiter bestehen.


Vielen Dank, dass Sie uns heute in Ihre Gedenkfeier mit einbezogen haben. Es ist uns eine Ehre, mit Ihnen dieser schicksalhaften Tage im April 1945 zu gedenken und die 75 Jahre Frieden zu feiern, die Augsburg seitdem genossen hat, wie auch die Freundschaften zwischen Deutschen und Amerikanern, die hier gepflegt wurden. Vielen Dank, dass Sie sich an Ihre amerikanischen Freunde erinnern. Wir hoffen, das schöne Augsburg bald wieder zu besuchen. Bleiben Sie in Sicherheit und bleiben Sie gesund.

Ret. Captain C. Monika Stoy ist Vorsitzende der Society of the 3rd Infantry Division – Outpost International“, also der Internationalen Sektion des Soldatenverbandes der 3. US-Infanteriedivision.

 

Zahlen & Fakten: Augsburg nach Kriegsende

  • Bevölkerungsstand nach Kriegsende: 92.000 Deutsche, über 15.000 Ausländer (sprich rund 107.000)
  • Bevölkerungsstand im August 1945: bereits schon wieder 143.187
  • Bevölkerungsstand vor Kriegsbeginn: 185. 374 Personen
  • Erst 1948 waren wieder so viele Augsburger in der Stadt, wie vor dem Krieg
  • Insgesamt hatten 19 Luftangriffe stattgefunden, bei denen ca. 450.00 Tonnen Bomben abgeworfen wurden, nahezu 1.500 Menschen hatten ihr Leben verloren, mehr als 2.500 wurden verletzt.

Quelle: Edith Raim, Kriegsende und Neuanfang: Augsburg in der Besatzungszeit 1945 – 1949 in „Augsburg und Amerika – Aneignungen und globale Verflechtungen in einer Stadt“, Erschienen Augsburg 2013

Geschichtlicher Hintergrund

Am 28. April 1945 wurde Augsburg von amerikanischen Truppen eingenommen. Damit waren der Zweite Weltkrieg und die Schreckensherrschaft des Naziregimes für die Augsburger beendet.

 

Die Stadt hatte bei den Luftangriffen auf Augsburg 1944 schwere Schäden erlitten. Sie war in eine Ruinelandschaft verwandelt worden, und zu einem großen Teil völlig entvölkert. Das US-Militär drohte im April 1945, dass weitere 2.000 Bombenflugzeuge zum Angriff auf Augsburg bereitstünden. Die US-Truppen rückten ohne nennenswerten Widerstand von Nordwesten immer näher und eine erfolgreiche Verteidigung der Stadt war angesichts der äußerst geschwächten deutschen Kräfte illusorisch. Die deutsche Kriegsniederlage stand unmittelbar bevor und der Wunsch nach einer Kapitulation, um noch mehr Leid zu verhindern, lag im April 1945 in der Luft.

 

Der Augsburger Stadtkommandant Generalmajor Franz Fehn berief sich jedoch weiterhin auf seine Befehle – der Korpsbefehl vom 20. April 1945 lautete, „dass Bayern an Iller und Donau verteidigt und dem Gegner hier ein endgültiges Halt geboten werden muss“ – und wies eine Kapitulation bis zuletzt von sich. Das trieb einzelne Bürger an, durch Eigeninitiative aus dem Untergrund eine kampflose Übergabe der Stadt zu erreichen.

Am 27. April 1945 gelang es der Augsburger Freiheitsbewegung, mit den Amerikanern telefonisch Verbindung aufzunehmen und ihnen mitzuteilen, dass sich Augsburg ergeben wolle. Auch Oberbürgermeister Josef Mayr vermeldete den US-Truppen telefonisch, dass die Stadt kampflos übergeben werde. US-General John W. O’Daniel reagierte auf die Stimmungslage in Augsburg mit folgendem Befehl an seine Leute:

 

“I don't want you to fire at all into Augsburg unless it is actually observed firing, .... Keep your eyes open for white flags or other signs of surrender as we have had many indications....”

„Sie sollen keinen einzigen Schuss auf Augsburg abgeben, es sei denn, es werden tatsächlich Schüsse von dort aus beobachtet, .... Achten Sie besonders auf weiße Fahnen oder sonstige Zeichen einer Kapitulation, denn wir haben viele entsprechende Hinweise bekommen....“

7th Army, United States Army: The Seventh United States Army in France and Germany, 1944-1945: Report of Operations. Band 3. A. Gräf, 1946, S. 82

Bürger verbreiteten im ganzen Stadtgebiet die Nachricht, dass sich die Stadt bereits ergeben habe und dass weiße Fahnen gehisst werden sollen.[10] Sie beseitigten auch Brücken- und Straßensperren, um den Amerikanern den Einmarsch zu erleichtern. In der Nacht auf den 28. April 1945 führten Parlamentäre einen Stoßtrupp der 3rd Infantry Division ohne Zwischenfälle zur Kommandozentrale der Stadt. Die Befreier wurden mit weißen Fahnen begrüßt, die aus den Fenstern hingen. Auch vom höchsten Turm der Stadt, dem Kirchturm St. Ulrich und Afra, hing eine weiße Fahne.[11]

Die Augsburger Kommandozentrale befand sich in einem bombensicheren Bunker in der Innenstadt – dem Riedingerbunker, der nach der Zerstörung des Riedingerhauses am Obstmarkt zwischen den Ruinen erbaut worden war. Ein kleiner US-Trupp wurde in den frühen Morgenstunden dorthin geführt und drang in den Bunker ein. Der stellvertretende Gauleiter und SS-Standartenführer Anton Mündler erschoss sich selbst beim Eintreffen der Amerikaner. Stadtkommandant Franz Fehn war im Bunker anwesend und versuchte noch vergeblich, um Verstärkung zu telefonieren. Er wurde überwältigt und zusammen mit den anderen dort Anwesenden von den Amerikanern festgenommen. Damit war die NS-Herrschaft in Augsburg ohne Kampfhandlung beendet.

Historisches Gedächtnis

Die 7. US-Armee beschrieb das ungewöhnliche Geschehen in einem 1946 veröffentlichten Bericht mit den Worten:

“The capitulation of Augsburg in the central sector of Seventh Army's final Bavarian operations was one of the strangest stories of the advance through Germany (...) Augsburg was saved from the utter devastation which had come to Aschaffenburg, Wuerzburg, Heilbronn, Nuremberg, and Ulm, largely because of a unique subversive movement which facilitated the entrance of American troops.”

„Die Übergabe Augsburgs im zentralen Sektor der bayerischen Abschlußoperationen der 7. Armee war eine der seltsamsten Begebenheiten auf dem Vormarsch in Deutschland. (...) Augsburg wurde vor der völligen Zerstörung, die Aschaffenburg, Würzburg, Heilbronn, Nürnberg und Ulm ereilte, hauptsächlich durch eine einzigartige subversive Bewegung bewahrt, die den Einmarsch der amerikanischen Truppen erleichterte.“

– 7th Army, United States Army: The Seventh United States Army in France and Germany, 1944-1945: Report of Operations. Band 3. A. Gräf, 1946, S. 827 (books.google.de).

Eine genauere Betrachtung zeigt, dass die Augsburger Freiheitsbewegung aus mehreren unabhängigen Gruppen und Einzelpersonen bestand, die einander teilweise erst während der Aktionen entdeckten und ihre Kräfte vereinigten.[12][13]

An der Stelle, wo sich 1945 der Riedingerbunker befand, steht heute das Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Augsburg. Eine Gedenktafel an diesem Gebäude erinnert an die friedliche Befreiung der Stadt

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Augsburger_Freiheitsbewegung

https://www.augsburg.de/aktuelles-aus-der-stadt/detail/70-jahre-kriegsende-zeitzeugen-zu-gast-im-rathaus