Auf dem Weg zur Fahrradstadt
Zwischenbilanz
Augsburg soll Fahrradstadt werden. Dass das gar nicht immer so leicht ist, haben die vergangenen Jahre gezeigt. Trotzdem zeigen viele, kleine Schritte: Die Richtung stimmt. Eine Auswahl:
- Eine Vielzahl von Radwegen werden und wurden optimiert oder neu gebaut.
- Ein Verleihsystem für Räder im Stadtgebiet (Stadtwerke Augsburg) wurde eingerichtet.
- Es gibt jetzt zwei bewachte Fahrradstationen am Hauptbahnhof.
- Einrichtung und Etablierung der Augsburger Radlwoche.
- 2015 und 2022 wurde die Stadt Augsburg durch das Bayerische Staatsministerium des Inneren, für Bau und Verkehr, als fahrradfreundliche Kommune zertifiziert.
- Eine digitale Fahrradkarte steht zur Verfügung.
- Mehrere Radzählstationen im Stadtgebiet messen die Anzahl der Fahrradfahrer.
- Viele zusätzliche Fahrradstellplätze in der Innenstadt wurden errichtet.
Ziele des Projekts Fahrradstadt
Das Projekt Fahrradstadt geht zurück auf eine Initiative des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Augsburg und des Fachforums Verkehr der Lokalen Agenda 21. Augsburg soll sich zu einer fahrradfreundlichen Kommune weiterentwickeln. Ziele:
- Der Anteil des Radverkehrs soll steigen; die Verlagerungen sollen nicht zu Lasten des ÖPNV gehen
- Stärkung des Fahrrads als Verkehrsmittel im Alltag
- Erhöhung der Verkehrssicherheit
Der Prozess der Radverkehrsförderung fußt dabei auf vier Säulen: Infrastruktur, Information, Kommunikation und Service.
Um die Ziele der Fahrradstadt zu erreichen, sind Maßnahmen in folgenden Bereichen erforderlich:
- Erweiterung und Lückenschlüsse in der Infrastruktur: In den vergangenen Jahren entstanden bereits viele Radwegverbindungen. Allerdings bestehen immer noch Lücken auf Hauptachsen, die zeitnah zu beseitigen sind. Die Belange des Radverkehrs sollen bei ggf. erforderlichen Abwägungsentscheidungen mit höherer Priorität berücksichtigt werden, ohne dass dies die Belange des Fußgängerverkehrs beeinträchtigt.
- Erweiterung und Erhalt der bestehenden Infrastruktur: Große Teile des bestehenden Radwegenetzes sind bereits vor längerer Zeit errichtet worden, so dass hier verstärkt Unterhaltsmaßnahmen stattfinden müssen, um eine sichere und komfortable Befahrbarkeit auch zukünftig gewährleisten zu können. Außerdem ist eine Überprüfung von bestehenden Radverkehrsanlagen dahingehend vorzusehen, ob sie den heutigen Anforderungen noch genügen oder Anpassungen vorzunehmen sind. Allerdings haben hier Lückenschlüsse im Radwegenetz mit höherer Priorität zu erfolgen.
- Radverkehrsführung in Baustellen: Bei Baustellen sollte zukünftig nachdrücklich auf eine ausreichende Berücksichtigung der Belange des Radverkehrs geachtet werden. Eine derartige Maßnahme ist im Wesentlichen ohne Kosten für die Stadt realisierbar, führt aber gleichzeitig zu deutlichen und wahrnehmbaren Verbesserungen für Radfahrerinnen und Radfahrer.
- Fahrradfreundliches Klima: Förderung durch ein ansprechendes Marketingkonzept, Bürgerinformationen sowie die Zusammenarbeit unter anderem mit örtlichen Verbänden und dem Handel.
Fahrradstadt 2020?
2012 wurden per Stadtratsbeschluss unter anderem folgende Ziele definiert: Der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen soll von 15 Prozent im Binnenverkehr bis zum Jahr 2020 auf mindestens 25 Prozent steigen.
2018 hat der Stadtrat dann beschlossen: Das Projekt Fahrradstadt wird über das Jahr 2020 hinaus weitergeführt – als Daueraufgabe. Gleichzeitig wurde auch festgestellt, dass der Wandel der innerstädtischen Mobilität nicht innerhalb weniger Jahre zu vollziehen ist.
Auszug aus dem Stadtratsbeschluss: "Im Grundsatzbeschluss zum Projekt
Fahrradstadt waren Angaben zum notwendigen Finanzbedarf enthalten. Aufgrund der
angespannten Haushaltslage konnten diese Mittel jedoch nicht in voller Höhe bereitgestellt
werden, so dass die notwendigen Maßnahmen nicht im vorgesehenen Zeitraum geplant oder
realisiert werden konnten. Daher werden viele Maßnahmen, die auf der Grundlage der
bisherigen Beschlüsse erarbeitet werden, erst nach dem Jahr 2020 zur Umsetzung gebracht
werden können. Das Projekt Fahrradstadt und die Entwicklung der Stadt Augsburg zu einer
fahrradfreundlichen Kommune wird daher über das Jahr 2020 hinaus andauern."
Netzplan
Der
wurde im Februar 2015 vom Stadtrat beschlossen. Auf der Grundlage des Netzplanes werden die notwendigen Um- und Ausbaumaßnahmen geplant und für die nächsten Jahre zur Umsetzung vorbereitet.Wesentliches Kriterium eines attraktiven Radverkehrssystems ist ein durchgehend sicheres Radverkehrsnetz. Im Rahmen der Fortschreibung des Gesamtverkehrsplans 1998 wurde das Radverkehrsnetz von 1992 weiterentwickelt. Im Rahmen des Projektes Fahrradstadt erfolgt eine erneute Fortschreibung und Anpassung an die zukünftigen Anforderungen.
Die Beseitigung von Lücken und Schwachstellen (Zustand, ungünstige Führung…) nimmt einen großen Stellenwert in der Radverkehrsplanung und deren Umsetzung ein. Die Netzplanung erfolgt gemäß den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ERA 2010 und sieht verschiedene Klassifizierungen des Radverkehrsnetzes vor. Diese ist vergleichbar mit der Einteilung in Hauptverkehrsstraßen, Haupterschließungsstraßen und Nebenstraßen.
Für das Radverkehrsnetz sind folgende Klassifizierungen vorgesehen:
- Innergemeindliche Radhauptverbindung; IR III: Verbindung von Stadtteilzentren zum Hauptzentrum und zwischen Stadtteilzentren
- Innergemeindliche Radverkehrsverbindung; IR IV: Verbindung von Stadtteilzentren zum Hauptzentrum der Mittel- und Grundzentren, Verbindung von Stadtteil-/Ortsteilzentren untereinander sowie zwischen Wohngebieten und allen wichtigen Zielen
- Überregionale Freizeitverbindungen
- Kommunale Freizeitverbindungen
Für diese Netzelemente sind verschiedene Ausbaustandards vorgesehen.
Ebenfalls 2015 erfolgte ein Beschluss des Stadtrates zur Festlegung der Standardanforderungen an Radverkehrsanlagen der Stadt Augsburg. Die Standardanforderungen an Radverkehrsanlagen gehen dabei zum Teil über die Regelbreiten der Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) hinaus.
Umfrage und Workshop zum Projekt Fahrradstadt
Insgesamt 2312 Augsburger haben an der Befragung zum Projekt Fahrradstadt 2020 teilgenommen. Die Umfrage lief vom 3. Februar bis 3. März 2014. Das Ergebnis: „Radfahren in Augsburg macht Spaß, aber…“.
Die Daten sind in einem statistischen Bericht zusammengefasst und Teil der Dokumentation zum Gesamtprojekt. Hier eine kurze Zusammenfassung der Antworten.
Allgemeine Zufriedenheit
Augsburgern macht Radfahren grundsätzlich Spaß, obwohl sie sich als Verkehrsteilnehmer nicht akzeptiert fühlen.
Sicherheit
Konflikte mit Kraftfahrzeugen treten häufiger auf als mit Fußgängern. Teilweise bestehen noch erhebliche Defizite beim subjektiven Sicherheitsempfinden. In den kommenden Wochen wird ausgewertet, ob Zusammenhänge zu Fahrstrecken bestehen.
Komfort
Die Radverkehrsführung an Baustellen und Knotenpunkten ist zu verbessern. Im Wohnumfeld fehlen oft geeignete Abstellanlagen.
Stellenwert des Radverkehrs
Das Projekt Fahrradstadt 2020 wird als Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs anerkannt. Bei der Überwachung des Straßenverkehrs als auch beispielsweise bei der Berücksichtigung des Radverkehrs an Lichtsignalanlagen besteht noch Handlungsbedarf.
Infrastruktur und Radwegenetz
Die Erreichbarkeit des Zentrums mit dem Fahrrad beurteilten die Befragten mehrheitlich als gut – im Gegensatz zur Durchquerung der Innenstadt. Im Zuge der Netzplanung muss dieser Umstand berücksichtigt werden. Mit Fertigstellung der Ost-West-Achse wird sich die Situation in der Innenstadt zudem entspannen – davon gehen die Verantwortlichen aus. Das flächendeckende Wegweisungssystem, welches seit über zehn Jahren besteht, ist beim Nutzer nicht entsprechend bekannt oder akzeptiert. Viele Radfahrer kennen und nutzen allerdings Wege abseits der Hauptverkehrsstraßen.
Vernetzung des Radverkehrs mit Personennahverkehr
Viele Radfahrer – insbesondere Inhaber von Zeitkarten – würden ihr Fahrrad in Bus und Bahn gerne mitnehmen. An Haltestellen werden weitere, hochwertige Abstellanlagen benötigt. Der Bedarf an öffentlichen Leihautos ist gering.
„In welchem Straßenabschnitt fühlen Sie sich als Radfahrer besonders unsicher und gefährdet?“
Am häufigsten wurden folgende Straßen genannt:
Straße | Anzahl (absolut, in %) |
---|---|
Augsburger Straße | 159, 4,24 % |
Hermannstraße | 142, 3,78 % |
Grottenau | 134, 3,57 % |
Karlstraße | 105, 2,80 % |
Pferseer Unterführung | 104, 2,77 % |
Die am häufigsten genannten Probleme waren:
Problem | Anzahl (absolut, in %) |
---|---|
Konflikt mit Kfz | 226, 16,14 % |
Abbiegen | 129, 9,21 % |
Oberfläche | 121, 8,64 % |
Keine Radverkehrsanlage | 111, 7,93 % |
Engstelle | 108, 7,71 % |
„In welchem Straßenabschnitt und zu welcher Uhrzeit werden Radwege häufig verkehrswidrig von Kfz zugeparkt?“
Folgende Straßen sehen die Bürger als besonders problematisch an:
Straße | Anzahl (absolut) |
---|---|
Jakober Straße | 82 |
Alter Postweg | 55 |
Gögginger Straße | 51 |
Und die nächsten Jahre?
Die Antworten auf die Frage nach den Handlungsschwerpunkten in den nächsten Jahren machen deutlich, dass der Ausbau der Infrastruktur an erster Stelle stehen sollte, gefolgt von der Radverkehrsführung an Kreuzungen. Dabei sind die Aspekte der Verkehrssicherheit und des Komforts zu berücksichtigen. Auch Unterhalt und Reinigung der Radwege sind wichtige Themen.
Wer hat teilgenommen?
Insgesamt 2312 Augsburger haben sich an der Befragung zum Projekt Fahrradstadt 2020 beteiligt – bevorzugt online. Vielen Dank fürs Mitmachen!
Workshop
Aus der Umfrage zum Projekt Fahrradstadt im Februar 2014 wurde eine Vielzahl von Anregungen gewonnen, die Augsburgs Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit der Stadtverwaltung vertieft haben. Am 2. Juli 2014 fand dazu ein Workshop statt.
In drei themenbezogenen Arbeitsgruppen diskutierten rund 50 Teilnehmer die Bereiche Infrastruktur, Information und Kommunikation sowie Service für den Radverkehr. Dr. Ralf Kaulen, Stadt- und Verkehrsplanungsbüro Kaulen, und Vertreter der Stadt begleiteten den Workshop.
Die Ergebnisse des Workshops liegen in einer ausführlichen Dokumentation vor.
Projektbegleitender Arbeitskreis
Das Projekt Fahrradstadt wird von einem Arbeitskreis aus Politik, Verwaltung und Interessensvertretern begleitet. Im Arbeitskreis werden vorab die einzelnen Planungsschritte und Ergebnisse diskutiert, um den weiteren Projektverlauf festzulegen und die Grundlagen für die Beschlussfassungen im Stadtrat vorzubereiten.
Im Arbeitskreis sind vertreten:
Politik:
- Stadtratsfraktion CSU
- Stadtratsfraktion SPD
- Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
- Stadtratsfraktion Pro Augsburg
- Ausschussgemeinschaft FW/Linke/Polit-WG/ÖDP
Verwaltung:
- Referat 1, Wirtschaftsförderung
- Referat 6
- Referat Oberbürgermeister, Gleichstellungsbeauftragte
- Referat Oberbürgermeister, Hauptabteilung Kommunikation
- Umweltamt
- Stadtplanungsamt
- Tiefbauamt
- Tiefbauamt, Radverkehrsbeauftragter
- Tiefbauamt, Abt. Straßenverkehr
- Stadtwerke Augsburg
- Seniorenbeirat
Interessensvertreter:
- ADFC Augsburg
- Polizei
- Lokale Agenda 21, Fachforum Verkehr
- Bürgeraktion Pfersee
- Einzelhandelsverband
- Industrie- und Handelskammer Schwaben
Die Protokolle der Arbeitskreissitzungen finden Sie hier:
Gestern, heute und morgen – Entwicklung des Radverkehrs
Bereits 1978 wurden im Gesamtverkehrsplan eine Reduzierung des Individualverkehrs und die Errichtung sicherer Verkehrswege für den Radverkehr formuliert. Grundlegende Zielsetzungen zum Radverkehr sind außerdem im Umweltbericht und dem Umweltprogramm aus den Jahren 1993/94 dargelegt.
Auch im Luftreinhalteplan, dem Lärmaktionsplan 2008 mit Fortschreibung sowie dem Nachhaltigkeitsbericht 2010 wird der Radverkehr als wesentliches Element zur Verringerung der Umweltbelastung sowie zur Erhöhung der Aufenthalts- und Lebensqualität in der Stadt gesehen.
Die Fortschreibung des Gesamtverkehrsplans 1998 sieht eine weitere Stärkung des Radverkehrs durch den Ausbau bedeutender Radwegachsen, Verbesserungen im Radwegenetz und begleitende Öffentlichkeitsarbeit vor.
Seit Herbst 2015 ist die Stadt Augsburg durch das Bayerische Staatsministerium des Inneren, für Bau und Verkehr als fahrradfreundliche Stadt in Bayern zertifiziert. Im Oktober 2022 wurde die Stadt Augsburg durch die Bewertungskommission erfolgreich rezertifiziert.
Heute ist es Ziel, Augsburg zu einer fahrradfreundlichen Kommune weiterzuentwickeln und teilweise seit langem vorhandene Ideen und geplante Projekte zur Umsetzung zu bringen.